*murmel* *murmel* *murmel* Es gibt Spiele, auf die freut man sich ewig und
wartet auf sie. Und es gibt Spiele, die möchte man freiwillig nicht spielen.
Leider muss man als Redakteur so ziemlich alles spielen, was nicht bei „drei“
auf den Bäumen ist oder vom Publisher gnadenvoll wieder vom Markt genommen wurde
(Ach, wie wäre es schön, wenn es das mal gäbe!). Nun, bei „The Incredible Maze“
ist so ziemlich alles „incredible“. Das betrifft weniger das Gameplay an sich –
ja, es geht um Murmeln, wie ich suspekt versucht habe, zu Beginn deutlich zu
machen -, sondern vielmehr so dies und das und überhaupt. Wirklich unglaublich.
Bislang war es nicht sonderlich objektiv, aber ich bin mir auch nicht sicher, ob
„The Incredible Maze“ das verdient hat. Eigentlich handelt es sich beim
vorliegenden Fall um ein ebenso leichtverständliches, wie dröges Videospiel, das
auf der besten Konsole mal vorkommt. Per Wiimote-Verlagerung bewegt ihr wie in
der „Monkey Ball“-Serie den Untergrund und euer Ziel ist es, die Murmel vom
Startpunkt aus durch ein Labyrinth zu lotsen und schließlich zum Ausgang zu
gelangen. Das versteht auch die Casual-Mama ganz sofort und überfordert sicher
niemanden. Allzu neu ist es aber gewiss auch nicht. Das allein würde ja auch
nicht sonderlich schaden und eine saubere Umsetzung des Spielprinzips hätte dem
Spiel sicher zu einer durchschnittlichen Note verholfen. Leider hat der
Fehlerteufel einfach überall seine Finger hineingesteckt, sodass vom
vielgerühmten „Spielspaß“ nichts mehr übrig bleibt.
Die erste Frage an die Entwickler betrifft das Verhalten der Murmel im
dreidimensionalen Raum. Während meine Kippbewegungen mit der Wiimote zwar zu
hektisch, aber noch halbwegs akkurat erkannt werden, bewegt sich der kleine Ball
auf dem Bildschirm daraufhin, als ob er besoffen wäre. Gut, die grobe Richtung
stimmt schon, aber physikalisch liegt hier Einiges im Argen. Starke Neigung,
minimale Neigung…das alles interessiert unsere Menge aller Punkte des
n-dimensionalen euklidischen Raumes aber mal überhaupt nicht. In den einfacheren
Levels, wo es noch ausreichend Platz, wenig Löcher im Boden und viele Wände zur
Sicherung gibt, fällt die gewöhnungsbedürftige Interpretation eurer Gesten noch
nicht so schwer ins Gewicht, aber später gerät das Erreichen des Ziels zum
Vabanque-Spiel ohnegleichen. Um es kurz zu sagen: Es ist wahnsinnig frustig. Und
dabei habt ihr noch nicht versucht über Wände zu springen. Das geht nämlich auch
– theoretisch. Zwar ist einem nicht ganz klar, über welche Wände man springen
kann (und gegebenenfalls muss), aber das ist auch egal, weil die schnelle
Sprungbewegung, die man zu dessen Nutzung mit der Wiimote ausführen muss, eh in
der Regel nicht funktioniert. Nur dann, wenn ihr sie eigentlich gar nicht machen
wolltet.
Eine weitere Frage drängt sich mir auf: Bitte was sind das für Farben? Während
ein hölzernes Labyrinth auf blauen Grund vor einem psychodelischen Motiv noch
gerade so als „unterste Schublade“ durchgeht, muss man beim schwarzen Labyrinth,
dessen Wände von grünen elektrodenartigen Strichen durchzogen werden, auf noch
psychodelischerem Hintergrund ganz tief graben. Liebe Entwickler, in das
entstandene Loch steckt doch bitte eure Köpfe! Eigentlich gehört für mich als
Mann Farbgestaltung auch noch zu meinen Stärken, aber hier schlackert selbst der
sprichwörtliche Blinde mit den Augen.
Ein weiteres optisches Problem reiht sich hier nahtlos ein und mich würde
interessieren, was sich die Entwickler bei der Wahl der Perspektive gedacht
haben. Ihr betrachtet das Labyrinth in einer Schräg-von-oben-Draufsicht. An und
für sich eine übersichtliche Lösung, aber nicht, wenn man den Untergrund zu
kippen plant. Die Perspektive verzerrt leider alles und für den Spieler ist es
oft schwer einzuschätzen, wie stark nun gerade gekippt wird. Theoretisch könnte
man dies zwar im Gefühl haben, da die Levelneigung ja in direktem Zusammenhang
mit der Wiimoteneigung steht - die ihr ja selbst beeinflusst -, aber leider ist
„gerader Untergrund im Spiel“ nicht „Wiimote waagerecht halten“. Mögliche
Alternative wäre, dass ich Dinge nicht waagerecht halten kann. Aber das
schließen wir mal aus. Festzuhalten bleibt, dass zum rätselhaften Kugelverhalten
eurer Murmel auch noch eine zweifelhafte Perspektive dazu kommt, was fehlerfreie
Kurse quasi per se ausschließt.
Apropos Kurse: Derer gibt es insgesamt nur 30 an der Zahl. Auch wenn das Spiel
mit 500 Nintendo-Punkten zur günstigen Art zählt, ist das schon wirklich mager.
Das erste Dutzend ist nach jeweils weniger als einer Minute durchgekugelt,
danach dauert es zwar länger, aber auch nur, weil man wegen der besonderen
Gestaltung des Spiels diverse bis unzählige Tode stirbt. Immerhin war sich
Digital Leisure dessen bewusst und spendierte uns allen deshalb sehr faire
Rücksetzpunkte, immer fast genau neben der Absturzstelle.
Wagt man sich in den zweiten Spielmodus (das Standardspiel besteht daraus, alle
Levels zu erledigen), entfällt dieser Bonuspunkt allerdings. Die sogenannten
„Challenges“ fordern euch daher tatsächlich heraus. Nicht nur die Utopie
erwartet euch, dass ihr den Level in einem Zug absturzfrei überstehen sollt,
nein, zudem sollt ihr eine bestimmte Anzahl Kristalle aufsammeln, die
netterweise entweder am Ar*** der Welt liegen oder genau neben dem Abgrund oder
einem Loch. Dafür wiederrum kann man lange brauchen, wenn sich jemand die
Selbstpein antun möchte. Den ultimativen „Time Attack“-Modus schaltet ihr nach
Absolvieren der 30 Levels frei. Auch hier gibt es keine Rücksetzpunkte mehr,
dafür wird um die Zeit gekugelt. Ziel ist es, alle 30 Levels etappenweise in
einer bestimmten Zeit zu schaffen. Ganz nette Idee, wenn das Spiel nur ein
anderes wäre.
Die Farbgebung hatte ich ja schon angesprochen, da stellt sich die Technik brav
hinten an. Flüssig läuft es ja, aber das ist dann auch schon alles. Kleinere
Clippingfehler machen sich vornehmlich an den gefährlich Ecken breit und die
Labyrinthe sind mäßig texturiert und entweder unansehnlich und/ oder langweilig
designt. Die Musik besteht lediglich aus einer Aneinanderreihung von Tönen,
deren Abwechslungsreichtum wirklich zu wünschen übrig lässt. Symptomatisch für
das billige Endprodukt ist, dass man sich nicht mal die Mühe gemacht hat, einen
vernünftigen „Loop“ einzubauen, das heißt, den Übergang von Ende und Anfang der
Melodie unmerklich zu gestalten. Hier wird die monotone Melodie einfach leiser
und startet nach ein paar Sekunden Stille fröhlich von Neuem.
Fazit:
„Unglaublich“ trifft es in diesem Fall ganz gut. Leider gereicht dieses Attribut
„The Incredible Maze“ nicht zum Guten. Es ist erstaunlich, wie die Entwickler es
geschafft haben, aus einem eigentlich unverwüstlich mittelmäßigen Spielprinzip
so eine Gurke zu machen. Die Steuerung leidet unter fehlendem Orientierungssinn,
die Übersicht ist gleich zu Beginn des Entwicklungsprozesses flöten gegangen und
zur Entwicklung einer Physik-Engine für die Murmel ist man nicht mehr gekommen.
Spätestens an dieser Stelle hilft das tatsächlich mittelmäßige Labyrinth-Design
mit seinen immerhin vorhandenen Alternativrouten auch nicht mehr.
Grauenerregende Farbgebung gepaart mit fragwürdiger Musikuntermalung stellen
dann nur noch die Tropfen dar, die das Fass zum Überlaufen bringen.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ mittelmäßiges Labyrinthdesign
+ faire Rücksetzpunkte
+ BalanceBoard an Bord
Minuspunkte:
- mieses Murmelverhalten
- miese Übersicht
- miese (Sprung)Steuerung
- mieser Umfang
- miese Musik
- miese Farben
Wertung:
Einzelspieler: 0,5
Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
500 Nintendo Punkte
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(18.09.2009)