Kennt ihr das auch? Ihr seht zufällig ein paar Bilder oder gar ein Video zu
seinem neuen Spiel, wisst wahrscheinlich gerade einmal den Namen der
Spielsoftware und seid dennoch absolut fasziniert von diesem Titel? So ähnlich
erging es zumindest mir, als ich das erste Mal vom WiiWare-Plattformer
„NyxQuest: Kindred Spirits“ der spanischen Entwickler von Over the Top Games
hörte – seinerzeit noch unter dem Namen „Icarian“ bekannt. Einige Zeit ging
seitdem ins Land, „NyxQuest“ ist längst über Nintendos Download-Service
verfügbar - exklusiv wohlgemerkt - und stellt sich nun unserem Test. Ohne
bereits das Fazit vorweg zu nehmen, kann man an dieser Stelle ganz klar sagen:
Der erste Eindruck bestätigt sich, den Entwicklern ist hier ein kleines
Meisterwerk geglückt ist. Diesen Ausflug in die griechische Antike sollte kein
Wii-Besitzer verpassen.
Doch bevor wir uns genauer dem Spiel widmen, gibt es an dieser Stelle zunächst
einen kleinen Exkurs in die griechischen Mythologie. Genauer gesagt wollen wir
uns die Geschichte des Ikarus anschauen, die wohl zu den bekanntesten aller
Mythen zählt. Denn Ikarus hatte einst geschafft, wovon viele Menschen noch heute
träumen: das Fliegen. Dazu konstruierte er einfach Flügel aus Wachs und Federn.
Augrund der verwendeten Materialien entstanden jedoch einige Einschränkungen,
denn mit seinem Konstrukt durfte er weder zu nah an der Sonne, noch zu nah am
Wasser fliegen. Lange Zeit hielt sich Ikarus auch daran, doch der Übermut
übermannte ihn irgendwann und er flog immer und immer höher. Mit der Konsequenz,
dass die Sonne seine Flügel aus Wachs zum schmelzen brachte, die Federn sich
daraufhin lösten und er somit unweigerlich in den Tod stürzte. „Übermut tut
selten gut!“, wie man so schön sagt. Auch „NyxQuest: Kindred Spirits“ bedient
sich dieser Ikarus-Sage, bleibt der Vorlage aber nicht ganz treu: Auf einer
seiner morgendlichen Streifzüge durch den Himmel entdeckt der junge Ikarus ein
fremdes und gleichzeitig majestätisches Königreich in den Wolken. In dieser
neuen Welt trifft Ikarus auf das geflügelte Mädchen Nyx - und sie schließen
Freundschaft. Doch während Ikarus die neue Welt erkundet, braut sich auf der
Erde ein Unheil zusammen und eines Tages bricht eine verheerende und
zerstörerische Feuerwelle über seine irdische Heimat herein. Ikarus versucht zu
entkommen, schnappt sich seine Flügel und steigt auf in den Himmel, doch die
Hitze lässt das Wachs dahinschmelzen und er fällt in die Tiefe. Entgegen der
griechischen Sage, überlebt er diesen Absturz jedoch. Seine neue Freundin Nyx,
die alles mit ansehen musste, verlässt daraufhin den Himmel und macht sich auf
die Suche nach dem Verunglückten. Besser gesagt: Ihr geht - in der Rolle der Nyx
- auf Suche.
„NyxQuest: Kindred Spirits“ ist auf den ersten Blick ein klassisches,
seitlich-rollendes Plattformspiel: Nyx kann zwar nicht springen, dafür aber ihre
Schwingen nutzen, um Hindernisse und Gefahren zu überwinden. Fünf Flügelschläge,
die ihr über den A-Knopf ausführt, stehen euch dabei zur Verfügung, bevor Nyx
die Kräfte ausgehen und sie Bodenkontakt braucht, um sich zu erholen. Die
Flugzeit sollte man sich dementsprechend weise einteilen. Mit dem Z-Knopf kann
die junge Heldin bei Bedarf zudem durch die Luft schweben, natürlich auch nur
eine begrenzte Zeit lang. Mit diesen Fähigkeiten macht ihr euch also auf den Weg
und durchstreift verbrannte Gebiete, zerfallene Gemäuer und verlassene Ruinen –
alles das, was von der einst blühenden Welt übrig geblieben ist. Doch ganz auf
sich alleine gestellt ist das junge Mädchen nicht, denn die Götter des antiken
Griechenland unterstützen sie auf ihrer Reise. Diese verleihen euch nämlich
besondere Kräfte, die ihr für euer Abenteuer benötigen werdet. So erhaltet ihr
bereits zu Beginn des Spiels von Zeus die Kraft der Telekinese, die es euch
ermöglicht, bestimmte Steine, Säulen oder Feuerbälle im Spiel ohne Körperkontakt
zu bewegen. Dazu müsst ihr einfach mit der Wiimote auf das entsprechende Objekt
zeigen, dann den B-Knopf gedrückt halten und schon lassen sich die größten
Hindernisse mühelos bewegen. Diese Kraft kommt ganz unterschiedlich zum Einsatz:
Mal gilt es, mit der Spielfigur auf einen Stein zu springen und diesen dann mit
der Wiimote über einen Sand-Abschnitt zu ziehen oder ihr müsst beispielsweise
eine tonnenschwere Steinsäule hochheben und zeitgleich mit Nyx darunter
durchlaufen. Multitasking ist hier gefragt, denn viele Aufgaben verlangen von
euch, die Spielfigur zu steuern und parallel dazu Götterkräfte einzusetzen. Die
Wiimote-Erkennung funktioniert dabei einwandfrei, die Steuerung beherrscht man
bereits nach der ersten Minute und ihr besitzt zu jeder Zeit die vollständige
Kontrolle über die göttliche Macht. Und die Kraft der Telekinese ist wie gesagt
nur der Anfang, weitere Fähigkeiten wie die Kraft des Windes oder die Kraft des
Strahls folgen im Spielverlauf. Um die Spannung aufrecht zu erhalten, werde ich
an dieser Stelle aber nicht näher auf diese eingehen. Gelegentlich kreuzen dann
auch mal mystische Kreaturen euren Weg, die man in ihrer Vielfalt leider an
einer Hand abzählen kann. Zu euren vermeintlichen Gegenspielern, die sich
übrigens nur mit göttlichen Kräften bezwingen lassen, zählen Harpyien, Hydras
und Satyrn, später kommen noch Orbs (metallische Kletten) dazu. Weitere Monster
haben es leider nicht ins Spiel geschafft, was sehr schade ist, denn besonders
an Harpyien und Hydras sieht man sich bereits nach kurzer Zeit satt.
Hervorheben sollte man an dieser Stelle vor allem den sehr moderaten
Schwierigkeitsgrad und die fairen Rücksetzpunkte. Nyx besitzt zwar eine
Energieanzeige am oberen Bildschirmrand, die es ihr erlaubt, mehrere Treffer
einzustecken, doch bei Kontakt mit Stacheln oder bei drohender Zerquetschung
durch schwere Felsen oder Säulen hilft selbst der größte Energievorrat nichts
mehr. Während des Spielens werdet ihr sehr häufig an Fackeln mit violetter
Flamme vorbeikommen. Dies sind Speicherpunkte. Nach eurem virtuellen Ableben
werdet ihr an der zuletzt passierten Fackel wieder abgesetzt. Diese Flammen
kommen sehr häufig in den Levelabschnitten vor und sind fair verteilt, sodass
ihr selbst bei kniffligen Stellen, die es das ein oder andere Mal durchaus geben
wird, nie längere Strecken zurücklegen müsst, um wieder an eurem alten Standort
zu landen. Einen „Game Over“-Bildschirm gibt es übrigens auch nicht, euch stehen
daher unendlich viele Versuche zur Verfügung. Insgesamt gesehen ist „NyxQuest“
somit sehr spielerfreundlich und selbst in den verzwicktesten Momenten kommt zu
keiner Zeit Frustgefahr auf. Lobenswert! Kleinere Design-Patzer kann man da auch
schon mal verzeihen: Beispielsweise zeigen sich herumstehende Vasen herzlich
wenig davon beeindruckt, wenn ihr Steine auf die werft, während Nyx bereits beim
geringsten Kontakt mit schwebenden Blöcken den Löffel abgibt. Doch bei aller
Ekstase und Freude muss man auch Kritik üben, vor allem am Umfang. Denn
„NyxQuest“ ist bei weitem nicht der umfangreichste Vertreter des Genres,
geschickte Spieler dürften bereits nach weniger als drei Stunden den Abspann
sehen. Etwas strecken kann man die Spielzeit, indem man sich auf die Suche nach
den 20 im Spiel versteckten Reliquien macht. Bei einer vollständigen Sammlung
erwartet euch dann ein netter Bonusinhalt. Doch nichtsdestotrotz ist das
eigentliche Abenteuer rund um die junge Nyx schlicht zu kurz. Da beißt selbst
die antike Maus keinen Faden ab! Als kleine „Entschädigung“ dafür - wenn man es
so nennen will - haben die Entwickler einen Kooperationsmodus für zwei Spieler
integriert. Sofern ihr einen menschlichen Mitspieler in eurer Nähe habt, lässt
sich das ganze Abenteuer auch zu zweit angehen. Tendenziell ist dies zunächst
löblich, es hinterlässt in diesem Fall aber einen zwiespältigen Eindruck. Die
Kooperation besteht nämlich schlicht aus „Arbeitsteilung“: Steigt der zweite
Spieler ins Abenteuer ein, übernimmt er mit seiner Wiimote die Kontrolle über
die göttlichen Kräfte, während Spieler 1 weiterhin Nyx steuert – nur ohne
Zugriff auf diese Fähigkeiten. Jeder Spieler ist somit in seiner
Handlungsfreiheit eingeschränkt. Teamwork ist nun gefragt, demzufolge entsteht
auch - im Vergleich zum Einzelspiel - ein deutlich höherer Koordinationsaufwand
und es bedarf vieler Absprachen untereinander, speziell in den späteren
Abschnitten. Unterm Strich ist der Mehrspielermodus eine ganz nette Idee der
Entwickler, ein Mehrwert durch den zweiten Spieler – wie in anderen
Kooperationsspielen - entsteht allerdings nicht. Insgesamt spielt es sich solo
einfach etwas angenehmer.
In Sachen Grafik machten die Entwickler von Over The Top Games zumindest keine
Kompromisse: Mit seinen malerischen Kulissen, detailreichen Landschaften und dem
teils monumentalen Ruinen-Design kann „NyxQuest“ eindeutig zu den visuell
beeindruckendsten Spielen im WiiWare-Shop gezählt werden. Obwohl man als Spieler
die ganze Zeit über nur durch Wüstenlevel und Ruinen streift, wird die
Präsentation zu keiner Zeit langweilig. Durch Variationen und wechselnde
Tageszeiten halten die Entwickler das „Wow“-Gefühl die gesamte Spielzeit über
aufrecht, besonders der letzte Spielabschnitt dürfte so einige Kinnladen
herunterklappen lassen. Einfach ein wunderschönes Abenteuer, selbst aus
technischer Sicht. Akustisch werden mystisch-orientale Klänge geboten, die sich
dezent im Hintergrund halten und die Atmosphäre hervorragend unterstützen.
Bedauerlich ist allerdings, dass es keine echte Sprachausgabe gibt. Einige
Götter sprechen zwar mit euch, doch das lässt sich eher als Murmeln bezeichnen.
Stimmige Sprecher und ein Erzähler am Anfang des Spiels hätten der Atmosphäre
sicherlich noch einen ordentlichen Schub nach vorne gegeben.
Fazit:
Fesselnd, abwechslungsreich und einfach wunderschön. Wollte ich genau
beschreiben, welchen Eindruck „NyxQuest: Kindred Spirits“ bei mir hinterlassen
hat, dann würden mir wohl bereits nach kurzer Zeit die Adjektive ausgehen. Und
was soll man nach all der Euphorie auch noch sagen? Fakt ist: Over the Top Games
ist hier eine absolute Perle geglückt, die man als interessierter Freund von
Downloadspielen auf keinen Fall verpassen sollte. „NyxQuest“ erfindet das Rad
nicht neu, perfektioniert es jedoch nahezu. Ein „Must-Have“, keine Frage.
Derzeit lässt sich im WiiWare-Shop kaum etwas Besseres für 1000 Punkte finden.
Etwas umfangreicher hätte das Abenteuer sicherlich ausfallen können, doch in
Anbetracht des grandiosen Gesamtpakets fällt das nicht übermäßig stark ins
Gewicht. Kaufen, spielen und genießen! Ein besseres Schlusswort gibt es
eigentlich nicht.
(Alexander)
Pluspunkte:
+ nette Story in der Antike
+ abwechslungsreiches Level-Design
+ Wiimote-Steuerung einwandfrei
+ gelungenes Speicherpunktsystem
+ freispielbarer Inhalt
+ malerische Präsentation
+ dezenter, passender Soundtrack
+ 2-Spieler-Kooperationsmodus
Minuspunkte:
- kurze Spielzeit
- geringe Vielfalt an Monstern
- echte Sprachausgabe fehlt
Wertung:
Einzelspieler: 9,0
Mehrspieler: 8,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 1000 Nintendo Punkte
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(10.09.2009)