Hersteller von kostenlosen Browsergames dürften in WiiWare inzwischen ihre
Erfüllung sehen. Immer mehr populäre, bislang kostenlose Spielkonzepte, die man
aus dem Internet kennt, finden ihren Weg auf die Wii. Eines der wohl
bekanntesten Beispiele dafür ist Defend your Castle von den XGenStudios. Offen
bleibt aber zunächst die Frage, warum man nun 5 Euro für etwas ausgeben soll,
was über den Opara Browser sogar auf der Wii kostenlos gespielt werden kann.
Können die Entwickler darauf eine vernünftige Antwort geben?
Das Spielprinzip von Defend your Castle ist herrlich simpel und damit wie
geschaffen für ein kurzweiliges Spiel. Wie der Titel erahnen lässt, geht es um
die Verteidigung eurer Burg. Diese steht auf einem freien Feld und wird von
einem Haufen Gegner beständig angegriffen. Lässt diese Beschreibung und die
pompöse Titelmusik noch auf ein episches Actionfest schließen, verrät spätestens
die Grafik im Hauptmenü in welche Richtung dieses Spiel geht. Defend your Castle
ist ein schnelles, morbide-lustiges Geschicklichkeitsspiel, das ein wenig den
Quälix aus euch heraus kitzeln möchte. Allzu brutal wird es allerdings nicht,
denn ihr „kämpft“ lediglich gegen Strichmännchen mit einem Knopfkopf. Diese
rennen, wie gesagt, stetig von links nach rechts auf eure Burg zu und eure
Aufgabe ist es, sie per Zeigen mit der Wiimote und Drücken das A-Knopfes in die
Luft zu werfen. Habt ihr sie hoch genug geschleudert und kommen die kleinen
Kerlchen wieder auf dem Boden auf, bleibt nicht viel mehr von ihnen übrig als
Bleistiftgrütze. Das Kerngameplay ist damit bereits hinreichend beschreiben, was
das elementare Problem des Titels kennzeichnet. Insgesamt wird euch einfach zu
wenig Abwechslung geboten. Leider haben die Entwickler es versäumt, mehrere
unterschiedlich anspruchsvolle Gegnerarten in das Spiel zu integrieren.
Lediglich vier unterschiedliche Typen greifen euch in den jeweils nur wenige
Minuten dauernden Levels an. Knopfköpfe, Knopfköpfe mit Rammböcken,
Pepsi-Monster und Belagerungswaffen, wobei die letzten beiden sich wegen ihres
Gewichts nicht hochheben lassen, sondern durch einfaches Draufklicken oder mit
Bomben besiegt werden müssen. Bomben? Ja, richtig gelesen. Um das Spiel nicht
völlig verflachen zu lassen, kann man die gewonnen Punkte nach jedem Level in
Weiterentwicklungen der Burg investieren. Als erstes solltet ihr in den
Überläuferbottich investieren. Seid ihr in dessen Besitz, könnt ihr Feinde nun
in diesen Topf am unteren rechten Bildrand werfen, anstatt sie sofort zu töten.
Nach einer gewissen Weile sind die Gesellen dann bekehrt und kämpfen für euch.
Damit sie das tun können, müsst ihr die Türme eurer Burg ausbauen. Nach und nach
schaltet ihr einen Bogenschützenturm frei, errichtet eine Magierschule, heuert
Reparateure an und werkelt an einem Bombenbauerturm. Während letzterer allein
arbeitet, benötigen die anderen drei jeweils eine möglichst große Mannschaft.
Klar, 100 Bogenschützen in einem Turm bewirken mehr als nur vier. Neben dem
Wurfgewusel auf dem Schlachtfeld müsst ihr also zumindest ein wenig euren Kopf
benutzen und die verfügbaren Überläufer geschickt auf die jeweiligen Türme
verteilen, damit sie ihrer Arbeit optimal nachgehen. Setzt ihr auf Dauer zu
wenig Arbeiter für die Sofortreparatur der Burg ein, werdet ihr ebenso
untergehen, wie wenn ihr die magischen Hilfsmittel völlig verschmäht. Dennoch
keine Bange: Diese Hilfsmittel spielen erst in de späteren Levels eine wirklich
größere Rolle, wenn ihr bereits über ausreichend Arbeitskräfte verfügt. Und es
ist fraglich, ob man solange überhaupt Lust hat zu spielen.
Vielleicht kann der unkomplizierte Mehrspielermodus dazu beitragen, die
Motivation für das Simpelspielchen hochzuhalten. In einer Art kooperativen
Gegeneinanders können sich jederzeit bis zu drei Freunde in das Spiel
einklinken. Mit ihren andersfarbigen Zielkreuzen haben sie dann die gleichen
Möglichkeiten wie ihr: Gegner wegschleudern, Widersacher schlagen, Feinde in den
Topf werfen und bekehren, Überläufer auf die Türme verteilen und entsprechend
gegebenenfalls Zauber oder Bomben zünden. Natürlich bleibt das Gameplay
stumpfsinnig und eintönig, aber zu viert kann man vielleicht etwas besser über
das schrille Design lachen und sich in Punktekämpfen untereinander verlieren.
Denn ihr spielt zwar zusammen, um die Burg zu verteidigen, die Punkte werden
aber am Ende einzeln angezeigt. Darüber hinaus passt das Spiel den
Schwierigkeitsgrad automatisch an und schickt bei mehreren Spielern deutlich
mehr Gegner zur Burg, damit auch alle etwas zu tun haben. Insgesamt ist die
unkomplizierte Integrierung des Mehrspielermodus eine gute Sache, wenngleich sie
das flache Gameplay natürlich nicht aufheben kann.
Technisch wird einem sehr spartanische Kost geboten, die aber immerhin ihren
Zweck erfüllt. Drei Spielstände stehen euch zur Verfügung, wobei nach jedem
Level gespeichert werden darf. Die Menüs stellen eine Mischung aus
Kinderzeichnung und echten Objekten (wie z.B. ein Taschenrechner zur Angabe der
Punktzahl) dar, was zwar irgendwie befremdlich, aber doch sympathisch wirkt.
Viel schlimmer als die zweckmäßige, aber immerhin auch bei vielen dutzend Gegner
flüssige Grafik ist die Musik. Nach der prachtvollen Startmelodie existiert
diese nämlich gar nicht mehr und man bekommt nur noch ätzende Billigsoundeffekte
zu hören. Ui, watsch, zisch… das alles hört sich so an, als ob Karl-Heinz es im
Holzschuppen am Wald entweder selbst oder mithilfe eines Gummihandschuhs
aufgenommen hat. Nach kurzer Weile dreht man den Ton deshalb am besten leise.
Übrigens ein Wort zur Brutalität: Knacken im Original noch hörbar Knochen und
spritzt munter rotes Lebenselixier, so ist die WiiWare-Version
familienfreundlich überarbeitet worden. Die Soundeffekte sind, wie gesagt, zwar
quälend, aber eher witzig nervend, denn brutal und auch Blut gibt es keines mehr
zu sehen. Die Texte hat man dagegen leider auf Englisch belassen.
Fazit:
Defend your Castle wird mit seinem Minimal-Gameplay sicher einige Leute
ansprechen, die das (sehr) kurze Spiel zwischendurch lieben und sich in
sinnloser Highscore-Jagd üben wollen. Anders kann ich mir nicht erklären, warum
das Spiel bei einem renommierten Online-Magazin wie IGN unter die Top15 der
WiiWare-Spiele gelangt ist. Schaut man der lustigen Aufmachung unter die Haube,
findet man nur x-Mal wiederholtes 3-Sekunden-Gameplay und fade
Rollenspielelemente, deren strategische Bedeutung und Nutzen gleich null ist.
Angesichts des repetitiven Gameplays nutzt es da auch nicht, dass es theoretisch
unendlich viele Levels gibt, denn selbst zu viert wird man das Spiel nicht bis
in die Unendlichkeit spielen wollen, obwohl der Mehrspielermodus zumindest in
Ansätzen unterhalten kann. Öffnet lieber den Wii-Browser und sucht bei Google
nach „Play Defend your Castle“ und zockt eine Runde kostenlos. Wer dann immer
noch nicht genug bekommt, der überlegt sich die Investition von 500 Nintendo
Punkten.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ super leichter Einstieg für jedermann
+ Weiterentwicklungsaspekt…
+ unkomplizierter Mehrspielermodus
+ autom. Schwierigkeitsanpassung
Minuspunkte:
- repetitives, monotones Gameplay
- …ohne Tiefe
- zu wenig Gegnerarten
- nervige Soundeffekte
Wertung:
Einzelspieler: 3,0
Mehrspieler: 4,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
500 Nintendo Punkte
news@mag64.de
(03.09.2009)