Prinzipiell ist es ja keine schlechte Idee, ein nettes Tischtennisspiel auf
WiiWare zu bringen. Der Sport drängt sich ja geradezu auf für eine Umsetzung auf
die Wiimote. Dennoch sollte man sich niemals auf den Namen allein verlassen und
auch ein niedliches „Family“ hilft nicht in jedem Fall weiter und stellt das
eigene Spiel automatisch über andere Produkte. Family Table Tennis sollte man
sich daher nur mit Vorsicht nähern.
Diese Tischtennisumsetzung im Mangastil präsentiert sich dem geneigten Spieler
sehr rudimentär. Während das Streben nach den Wurzeln eines Sports bei einer
Versoftung zum Teil durchaus angebracht ist, schlägt es hier allzu sehr über die
Stränge. Der Einzelspielermodus besteht nämlich daraus, sich einen von vier
munteren Manga-Charakteren zu schnappen und die anderen drei kurzerhand zu
besiegen. Dabei ist die Auswahl fast bitterer als das Spiel. Ihr habt die
sagenhafte Wahlmöglichkeit zwischen Manga-Mama, Manga-Papa, Manga-Sohn namens
Peter und Manga-Tochter namens Sarah. Oh, seliger Ideenreichtum. Aber nun gut.
Immerhin könnt ihr die Spiellänge auf ein erträgliches Maß reduzieren, um nicht
aufgrund des faden Gameplays und der Ohren beißenden Musik dem Wahnsinn anheim
zu fallen. Ihr könnt wählen, ob ein, drei oder fünf Gewinnsätze gespielt werden
sollen und ob diese bis 6, 11 oder 21 Punkte gehen sollen. Ringt man sich zum
Duell gegen die CPU durch, erwartet euch stupides Tischtennisgameplay der Marke
„ganz besonders ideenlos“. Ihr werft den Ball per A-Druck zum Aufschlag in die
Höhe und wedelt dann munter mit der Wiimote. Irgendwo wird der Ball schon
landen. Es ist nicht möglich, die Platte zu verfehlen, lediglich ein kompletter
Nicht-Treffer ist bei deutlich zu frühem oder spätem Schlagen machbar. Immerhin
erkennt das Spiel relativ zuverlässig, ob ihr eine Vorhand oder eine Rückhand
schlagt. Allerdings spielt diese Auswahl in den normalen Matches gar keine
Rolle, da man durchaus einen Rückhandschlag anbringen kann, obwohl euer
selbstständig an der Platte agierendes Alter-Ego doch links vom Ball steht.
Dieser Umstand ermöglicht es euch dann wenigstens, relativ leicht die Bälle
gezielt nach links und rechts zu spielen. Für Rechtshänder gilt: Quasi jeder
Vorhandschlag landet hinten links, Rückhandschläge schlagen rechts auf der
gegnerischen Seite auf. Auch praktisch. Theoretisch könnt ihr die Richtung
natürlich dadurch bestimmen, wann ihr den Ball trefft. Das funktioniert aber
eher mäßig und ist mit dem Risiko verbunden, zu früh oder zu spät zu schlagen.
Obwohl auch schon das Tennisspiel in WiiSports mit diesem Problem kämpfte, hat
Nintendo das schon vor drei Jahren besser gelöst.
Lange wird euch dieser sogenannte „Einzel-Modus“ aber auch nicht beschäftigen.
Er bietet schlicht nichts außer drei aufeinander folgenden Duellen gegen
CPU-Recken. Ein Karrieremodus wäre wohl auch zu viel erwartet gewesen, aber
zumindest Turniere im Mario Tennis-Stil hätte man ein paar integrieren können.
So spielt man einmal den Modus an und ist überrascht, dass nichts passiert.
Immerhin kann man noch zu zweit im „Duell-Modus“ antreten, in dem der Bildschirm
vertikal geteilt wird und ihr euch zu zweit über die primitive Spielmechanik
wundern dürft. Die CPU-Gegner machen in der Regel irgendwann von selbst einen
Fehler, wohingegen der geübte Kumpel doch etwas länger dagegen halten kann. Da
euch aber die Mittel und Wege fehlen, um ein koordiniertes, planvolles Vorgehen
zu arrangieren, greift das Spiel zu einem simplen Kniff: Je häufiger der Ball
hin und her fliegt, desto schneller wird. Außerdem straucheln eure virtuellen
Ableger manchmal, wenn der Ball allzu weit entfernt war. Passiert das, muss man
schnell die Wiimote schütteln, um wieder auf die Beine zu kommen. In Paarung mit
einem bereits sehr schnell gewordenen Ball, beendet dieses zweifelhafte Feature
dann oft den Ballwechsel.
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hat man sich bei 505 Games noch darum
bemüht, dem Spiel drei lustige Minispiele zu spendieren. Klar, Minispiele sind
aktuell „in“ und wer ein „Family“ im Titel hat, bei dem darf dieses Kunstelement
nicht fehlen. Im Falle von Family Table Tennis retten sie aber auch nicht mehr
allzu viel, wobei eine Idee ganz gut ist. In einem dieser Minigames werden die
Punkte nämlich nicht standardmäßig einzeln gezählt, sondern berechnen sich durch
den Ballwechsel. Je häufiger der Ball geschlagen wurde, desto mehr Punkte
kassiert man. Mit einem Mordsballwechsel kann so das ganze Match gedreht werden.
Sehr, sehr ärgerlich ist aber, dass dieses Spiel nicht zu zweit spielbar ist.
Die anderen beiden Spielchen sind reine Zielübungen, die, wie die Zielmechanik
im Spiel, nur mäßig funktionieren und keinen Spaß machen.
Noch ein Wort zur Technik: Die sehr japanisch arrangierte Grafik wirkt auf den
ersten Blick sehr farbig und detailliert. Es gibt vier verschiedene Spielorte,
die von der üblichen Turnhalle bis zum Waldpark reichen. Irgendwie wirken diese
so, als ob sie gerade aus Tales of Symphonia entsprungen seien. Leider sind die
Cel-Shading Charaktere schon wieder bei weitem nicht so hübsch und die Kulissen
während der Draufsicht, die beim Spielen genutzt wird, sind leer und leblos. Da
stehen zwar Leute herum, aber sie bewegen sich mal einfach gar nicht. So bleibt
der grafische Höhepunkt dem Kameraschwenk vor jedem Match vorbehalten. Einen
musikalischen Höhepunkt gibt dagegen gar nicht. Die Musik klimpert in den ersten
30 Sekunden freudig dahin, bis sie anschließend ob ihrer fröhlichen Penetranz
dazu verleitet, den Sound komplett abzustellen.
Die Übersetzung ins Deutsche ist übrigens gewöhnungsbedürftig. Es gab wahrlich
nicht viel zu übersetzen und dennoch tauchen so Sätze auf wie „Schlag Äpfel und
Orange ins passenden Ziel!“. Außerdem steht nach einem erfolgreich absolviertem
Match oder Minispiel immer „Spielzahl“ dick im Bild. Das soll unsereinem wohl
sagen, dass man das Spiel gewonnen hat. Welche Sprache es ist, bleibt offen.
Fazit:
Family Table Tennis ist nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Das Gameplay ist
zwar etwas üppiger ausgefallen als das vergleichbare Minispiel aus WiiPlay, ist
aber immer noch sehr dünn. Die Ballwechsel lassen jede Dynamik vermissen und
entbehren jeder taktischen Note. Letztlich läuft es gegen einen menschlichen
Gegner immer darauf hinaus, wer schneller reagieren kann und keinen Fehler
macht. Was aber immer noch spaßiger ist, als allein anzutreten, denn die Spiele
gegen die CPU-Gegner werden aufgrund chronischen Modimangels bereits nach
einmaligen Spielen langweilig. Nimmt man noch die quälende Musik und die
Übersetzungspannen mit hinzu, dann bleibt nicht viel übrig, obwohl Family Table
Tennis im Prinzip ganz sympathisch präsentiert wird. Hier dürfen wirklich nur
fanatische Tischtennisfans und Freunde sehr leicht zugänglicher Spielprinzipe
zugreifen.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ nette Manga-Grafik
+ Zwei-Spieler-Modus
+ Steuerung funktioniert idealerweise
Minuspunkte:
- minimales Gameplay
- kein Einzelspielermodi
- Übersetzungspannen
- grauenvolle Dudelmusik
Wertung:
Einzelspieler: 1,5
Mehrspieler: 3,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
500 Nintendo Punkte
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(03.09.2009)