Online-Plattformen wie WiiWare stellen ein geeignetes Anbaugebiet für Titel dar,
denen die mediale Präsenz zu einem Blockbuster fehlt, die aber dennoch durch
findige Ideen den Nerv der Spieler treffen. Weil eben alles ein wenig „kleiner“
bei diesen Titeln ist, kann sich manch ein Entwickler und Publisher auch mal
einen Flop erlauben, kann sich trauen, auch mal ungewöhnliche Ideen zu
veröffentlichen. Erfolgreiche Titel wie „World of Goo“ oder „Lost Winds“ weisen
hier den Weg, wie es funktionieren kann. „Robox“ ist nun ein Titel, den
ebenfalls eine tolle Idee beflügelt. Es verbindet den Mix aus Jump n‘ Run und
Action-Adventure, welchen wir von Metroid kennen, mit expliziten Puzzle- und
Denkaufgaben, wie sie in gefühlt jedem Wii- oder DSiWare-Titel vorkommen. Eine
gelungene Symbiose oder gescheitertes Experiment?
In „Robox“ steuert ihr nicht unüberraschend einen kleinen Roboter, der von
seinem Raumschiff gefallen ist und beim Aufprall auf einen fremden Planeten mit
einer eher widerspenstiger Flora und Fauna viele seiner Funktionen verloren hat.
Ihr macht euch also auf die Reise, um all seine Fähigkeiten wiederherzustellen
und schlussendlich den Planeten wieder zu verlassen. Bis dahin seid ihr ziemlich
auf euch allein gestellt. Das erinnert euch an Samus Aran? In der Tat orientiert
sich „Robox“ in den Action-Passagen ein wenig an den alten „Metroid“-Titeln, was
aber ja auch an sich nichts Schlechtes ist. Ärgerlich an den Ausflügen des
kleinen Roboters durch die schön gezeichneten 2D-Welten sind ein paar andere
Dinge, die der guten Samus Aran wahrscheinlich heute nicht mehr passiert wären:
Für die Steuerung haltet ihr die Wiimote waagerecht und benutzt bis auf wenige
Ausnahmen nur die Buttons. Leider ist die Bewegung des Protagonisten in der Tat
die eines klobigen, schwerfälligen Metalldings. Will heißen, dass sich euer
kleiner Freund so dermaßen langsam fortbewegt, dass das allgemeine Spieltempo
weit unter dem liegt, was man heute erwarten würde. Es will einfach kein
richtiger „Schwung“ aufkommen, auch weil die Sprünge zwar unverzögert umgesetzt
werden, aber im Vergleich zum dicken Klempner einfach schrecklich träge und
wenig beeinflussbar wirken. Doch besteht das Erkunden der Welt ja nicht nur aus
Laufen und Springen. In den weit verzweigten Gebieten, die allesamt ohne Karte
bewandert werden müssen, was dem verwöhnten Menschen des 21. Jahrhunderts
ebenfalls zuwider sein muss, werdet ihr auf allerlei ekeliges Getier und bissige
Pflanzen stoßen. Zum Glück lernt ihr nach kurzer Zeit das Schießen…wenn auch
wirklich nicht richtig. An dieser Stelle ist das Frustpotential enorm, da ihr
lediglich waagerecht schießen könnt. An mancher Stelle verzweifelt man
regelrecht: Stellt euch doch bitte einmal einen sanften Abhang vor. Ihr steht
mehr oder weniger oben, knapp unter euch schlurft ein Schneckenwesen dumm wie
Brot den Abhang hinunter. Es dreht sich nicht um, greift euch nicht direkt an,
aber wenn ihr es berührt, verliert ihr eine eurer drei Energiezellen, die
sowieso ständig verloren gehen. Über das Wesen drüber zu springen ist aufgrund
der bisweilen lahmen Sprungsteuerung schwierig, also soll das Wesen getötet
werden. Ich wiederhole: Ihr steht genau neben dem Vieh, nur mit dem Problem,
dass es knapp unter euch auf die Abhang steht. Es bewegt sich nicht einmal
wirklich schnell. Doch ihr könnt den Controller an die Wand schmeißen, das
Steuerkreuz herausbrechen oder den „2“-Knopf mit den Zähnen herausbeißen, ihr
werdet die gemütliche Schnecke nicht treffen, weil euer lieber Roboterfreund
einfach immer waagerecht schießt und damit über sie weg ballert. Wäre das Frau
Aran passiert, sie hätte wohl kaum Weltruhm erlangt. Leider ist das keine
Ausnahme und die fehlende Flexibilität eures Schussarmes führt dazu, dass jeder
einzelne Kampf mit den normalsten Standardgegnern des Planeten zu einem harten
Fight wird. Gerade die bösen Wespen, die ja nun einmal über euch schwirren,
stellen ein beinahe unüberwindbares Problem dar. Ihr werdet in den ersten
Bereichen wahrscheinlich bereits mehr Tode sterben als bei „Donkey Kong Country
Returns“ und „Mario Bros. – Lost Levels“ zusammen. Die weiteren Gemeinheiten des
Leveldesigns wie kaum sichtbare Stachelfallen, unfaire, weil unvorhersehbare
Fallen, unüberwindbare Gegnerhorden, die einfach aus den Bäumen fallen, und eben
die fehlende Kartenfunktion im Anbetracht der weitläufigen Welt mit ihren vielen
Sackgassen lasse ich dabei lieber unerwähnt. Immerhin, und das muss man auch mal
erwähnen, sind wenigstens die Zwischenspeicher recht üppig verteilt, sodass man
nur selten lange Wege zurücklegen muss, wenn man gestorben ist. Dafür sind die
eigentlichen Speicherpunkte wieder recht rar gesät.
Auflockerung erfährt das Gameplay neben kürzeren Lightgun-Abschnitten oder
Passagen, in denen man die Bewegungssteuerung nutzt, von den eingangs
beschriebenen Puzzle-Passagen. Habt ihr euch euren Weg durch die feindliche
Umgebung vorgekämpft, habt den miesen Fallen getrotzt und die Wii noch nicht aus
dem Fenster geworfen, werdet ihr immer wieder auf Bernsteine in den Levels
treffen. Darin eingesperrt sind kleine Käfer, die der Roboter in seinem Inneren
gut gebrauchen kann. Drückt ihr die Minus-Taste, wendet sich das Bild in den
Innenraum des Roboters und dort könnt ihr nun die kleinen Käfer mit ihren ganz
unterschiedlichen Fähigkeiten steuern. Wie bei „Metroid – Other M“ ändert sich
die Steuerung grundlegend: Ihr müsst nun mit dem Pointer agieren, um die kleinen
Wesen auszuwählen und gegebenenfalls Schalter zu drücken o.ä. Die Wesen selbst
bewegen sich aber wieder nur mithilfe des Steuerkreuzes. Hier wirkt die
Steuerung etwas aufgesetzt und unpraktisch, das stört allerdings nicht allzu
heftig. Das „Spiel im Spiel“ stellt wirklich eine gelungene Abwechslung dar. Ihr
müsst hier die Fähigkeiten der Wesen gut kombinieren, um voranzukommen:
Zerschlagt mit dem lila Schleimmonster Wände, überbrückt Strom mit dem gelben
Metallding, springt über Hindernisse mit den winzigen Grünlingen und so weiter.
Jeder Helfer kann dabei nur einmal eingesetzt werden, dann erstarrt er zu Stein.
Durch Sammeln weiterer Bernsteine in der Oberwelt erhaltet ihr aber immer
weitere Wesen, sodass ihr immer mehr Funktionen im Inneren des Roboters
reparieren könnt. Die innere Logik dieses Zusammenspiels ist wirklich großartig
und motiviert ungemein. An dieser einen Stelle hätten die Entwickler von „Other
M“ mal hier abschauen dürfen.
Abgesehen vom schleichenden Spieltempo präsentiert sich „Robox“ technisch in
guter Verfassung. Das Spiel arbeitet auch auf 16:9-Fernseher mit dem vollen Bild
und zeigt immer kräftige und detaillierte Hintergründe. Beizeiten wirkt es
wirklich wie ein großes Gemälde. Die Musik kann da nicht wirklich mithalten, ist
aber gerade noch so in Ordnung. Die sphärischen Klänge wiederholen sich sehr
schnell und weil es pro Abschnitt nur eine Melodie gibt, muss man sie einen Tick
zu lange ertragen.
Fazit:
„Robox“ verschenkt so viel gutes Potenzial, dass es wirklich traurig ist. Die
Idee, eine Reminiszenz an die alten Metroid-Titel zu kreieren, ist gepaart mit
der innovativen Rätsel-Mechanik im Inneren des Roboters wirklich lobenswert.
Leider ist in die Umsetzung die Oberwelt nicht so viel Herzblut geflossen, wie
es vielleicht hätte sein müssen. Offenbar hat man sich auch zu sehr am
Schwierigkeitsgrad des NES-Ur-Metroids ein Beispiel genommen: Auf jeden Fall ist
der Frustrationspegel konstant auf einem zu hohen Level, als dass man das
exzellente Konzept wirklich genießen könnte. Träge Steuerung, unübersichtliches
Leveldesign, fehlende Kartenfunktion und viele unfaire Stellen trüben den
Spielspaß einfach gewaltig. Da hilft auch die wirklich hübsche Grafik nichts
mehr. Hier werden nur Retro-Freunde mit einem Hang zur Selbstkasteiung wirklich
glücklich.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ Wechsel zwischen „Innen“ und „Außen“
+ hübsche Zeichnungen
+ Zwischenspeicher fair verteilt
+ recht umfangreich
Minuspunkte:
- lahmarschige Steuerung
- nur waagerecht schießen
- unheimlich langsam
- Leveldesign oft unfair
- keine Kartenfunktion trotz üppiger Oberkarte
Wertung:
Einzelspieler: 4,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 1000 Nintendo Punkte
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(06.03.2011)