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Paper Mario (Virtual Console | N64)
Ein unwiderlegbarer Fakt über das Nintendo 64 ist die Tatsache, dass viele Hersteller die Konsole eher stiefmütterlich behandelten, weil Nintendo damals – im Gegensatz zur Konkurrenz um Sony und Sega – voll auf Spielmodule setzte und Discs nach wie vor kein Thema waren. Hochkarätige Spiele kamen so zwangsläufig überwiegend aus dem Hause Nintendo persönlich. Ein anderes unangenehmes Merkmal der N64-Zeit ist der Umstand, dass N64-Grafik ausgesprochen schlecht altert: Während viele Titel aus der 16-bit-Ära noch heute hübsch anzuschauen sind, wirkt die kantige und verwaschene N64-Optik vieler Titel auf unsere Augen leicht schmerzhaft. Insofern kommt bei „Paper Mario“ nur das Beste zusammen: Der Titel wurde von Nintendos firmeneigenem Entwicklerstudio Intelligent Systems entwickelt und kommt mit einem außergewöhnlichen und augenfreundlichen 2D-/3D-Grafikmix daher. Ist da etwa ein Volltreffer vorprogrammiert?

Wie bei Spielen im Mario-Universum üblich, ist das Unheil unwiderlegbar mit einer gewissen fiesen Schildkröte verbunden: Koopa-König Bowser hat den magischen Sternenstab aus dem Sternenhafen stibitzt. Der Stab besitzt die Fähigkeit, seinem Besitzer alle Wünsche zu erfüllen. Während Prinzessin Peach nun im Pilzpalast einen feierlichen Empfang gibt, entführt Bowser mit der Macht der Sterne den gesamten Palast, dockt ihn an sein Schloss an und schwirrt mit beiden Bauwerken ins Weltall. Bei seiner Klempner-Ehre gepackt, will Mario es mit Bowser aufnehmen, muss sich im Duell des Fieslings unerschöpflicher Energie jedoch geschlagen geben. Zurück auf dem (Erd)boden der Tatsachen erfährt Mario, dass es nur eine Möglichkeit gibt, Bowser in die Schranken zu weisen und Peach wieder zu befreien: Er muss die sieben Hohen Sterne befreien, die von Bowsers Gefolgsleuten gefangen gehalten werden. Und da die natürlich nicht alle gemeinsam an einer Autobahn-Raststätte auf Mario warten, beginnt für den schnauzbärtigen Klempner ein turbulentes Abenteuer durch das Pilz-Königreich. Die Reise entpuppt sich als altbewährtes Japano-Rollenspiel. Das bedeutet: Man zieht von Ort zu Ort, unterhält sich dabei mit allerlei Leuten und levelt seinen Charakter durch rundenbasierte Kämpfe auf. Die Feinde laufen in der Oberwelt herum und werfen sich Mario direkt an den Hals, wenn sie ihn erblicken. Ist man jedoch schnell genug und springt dem Gegner zuvor beispielsweise auf den Kopf, profitiert Mario von dem so genannten „Erstangriff“: Wechselt der Bildschirm dann in den Kampfmodus, zieht der Klempner dem Gegner bereits ein wenig Lebensenergie ab, bevor der eigentliche Kampf beginnt. Im Kampfbildschirm stehen Mario mehrere Optionen zur Verfügung: Er kann einen Angriff starten (wahlweise mittels eines Sprunges oder mit dem Paper-Mario-obligatorischen Hammer), ein Item einsetzen, auf die Macht der Sterne zurückgreifen (dazu später mehr) oder versuchen zu flüchten. Nach einem erfolgreich absolvierten Kampf erhält Mario Sternenpunkte. Hat Mario insgesamt hundert Sternenpunkte beisammen, hat der Spieler die Qual der Wahl, welche Attribute bei Mario ein wenig verbessert werden sollen: entweder die Kraftpunkte, die Blütenpunkte oder die Ordenpunkte. Erstere stehen – wie man sich denken kann – für Marios Lebensenergie. Die Blütenpunkte werden für spezielle Attacken, also zum Beispiel besonders durchschlagskräftige Hammerschwünge, wie dem „Super-Beben“, benötigt. Bei den eben angesprochenen Ordenpunkten handelt es sich um einen zentralen Gesichtspunkt der Paper Mario-Reihe: Der Titelheld kann nämlich mit gewissen Orden ausgestattet werden, die man im Spiel ertauschen oder auch gut versteckt in der Spielwelt finden kann. Jeder Orden beschenkt Mario mit einer besonderen Fähigkeit. Das kann sich in ganz vielfältiger Weise äußern: Neben Orden, die ihn schlichtweg eine spezielle Attacke ausführen lassen, gibt es auch Orden, die im in brenzligen Situationen besonders viel Glück verschaffen oder ihn etwa gegen bestimmte Angriffe – beispielsweise Feuerattacken – unempfindlicher machen. Jeder Orden nimmt eine gewisse Anzahl an Ordenpunkten in Anspruch: Orden mit geringem Effekt forden nur einen dieser Punkte, besonders nützliche Orden verbuchen jedoch auch schon mal sechs Ordenpunkte für sich. Je mehr Ordenpunkte Mario zur Verfügung hat, desto mehr dieser Helferlein kann er sich natürlich auch anheften. Ihr bemerkt schon: Das Ordenfeature ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit und es gibt unzählige Kombinationsmöglichkeiten, Mario mit den Orden auszustatten.

Die eben angesprochene Sternenenergie steht Mario im Verlauf des Abenteuers immer umfangreicher zur Verfügung. Wie am Anfang beschrieben, ist es seine Aufgabe, die Hohen Sterne aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Jeder befreite Stern bringt seine eigene Sternenattacke mit sich, auf die Mario bei Bedarf nun zurückgreifen kann. Mal eben 20 Kraftpunkte wieder auffüllen? Kein Problem mit der „Himmelskuss“-Sternenfähigkeit. Hat Mario jedoch die Hilfe der Sterne in Anspruch genommen, muss sich seine Sternen-Energieleiste erst langsam wieder auffüllen. Aber nicht nur die Sterne stehen Mario auf seiner Reise zur Seite: Im Laufe des Spieles schließen sich immer mehr Charaktere dem tapferen Latzhosenträger an, sodass immer ein Begleiter an seiner Seite mitläuft. Dieser ist nicht nur im Kampfmodus eine enorme Hilfe (speziell Lady Buus Fähigkeit, Mario für kurze Zeit zu verstecken, stellt gegen starke Angriffe der Endgegner eine unverzichtbare Funktion dar), sondern ist auch beim Erkunden der Umgebung unverzichtbar. Die fliegende Schildkröte Parakarry lässt Mario auch extrem breite Schluchten überqueren, Bob-Omb-Lady Bombette verwandelt brüchige Wandstellen mittels Explosionen in passierbare Durchgänge und auf dem Rücken von Fisch Sushie sind auch Wasserwege für Mario problemlos passierbar. Teilweise ist das Einsetzen der richtigen Fähigkeit unabdingbar, um die Geschichte voranzutreiben, sodass man schon genau nachdenken muss, welcher der insgesamt acht Partner denn jetzt am besten an eurer Seite stehen sollte (der Begleiter kann übrigens jederzeit auf Knopfdruck gewechselt werden). Die dezent gesetzten Rätselaufgaben sind teilweise zwar fordernd, werden euch jedoch mit Sicherheit nicht zur Verzweiflung bringen. Der Schwierigkeitsgrad ist im angenehmen mittleren Bereich anzusiedeln und bei weitem nicht so hoch wie beim GameCube-Nachfolger der Paper Mario-Reihe.

Der Stil von Paper Mario ist ein herzallerliebster Nintendo-Cocktail: Eine kunterbunte 3D-Umgebung gespickt mit 2D-Elementen im Papier-Stil, der einen ganz speziellen Platz im Nintendo-Universum einnimmt. Dazu gibt es Ohrwurm-Melodien, die durch ihre fröhlich beschwingte Art den Spieltrieb angenehm begleiten und an andere Klassiker (Stichwort: Yoshi’s Island) erinnern. Die Lokalisation ist Nintendo-typisch überaus gelungen und bringt den Spieler durch liebenswerte Kleinigkeiten zum Schmunzeln: Wenn der Älteste im Koopa-Dorf den Namen „Mekoopalem“ trägt, die Köchin von Toadtown sich euch als „Omle T.“ vorstellt oder sich der Verkäufer des Ladens in der Geistervilla mit „Vielen herzlichen Buu!“ bei euch bedankt, hüpft das Nintendoherz vor Freude besonders hoch. Nintendofans genießen bei „Paper Mario“ ein unterhaltsames Abenteuer durch so fantasievolle Orte wie den Nimmernimmer-Wald, Shy Guys Spielzeugkiste oder auch Bibber City. Bis alle Sterne befreit und Bowser endgültig besiegt ist, vergehen so gut 20 bis 30 Spielstunden puren Spielvergnügens. Schade ist dabei eigentlich nur, dass nach dem Endkampf mit Bowser nicht mehr gespeichert werden kann. Die auf euch wartenden Sidequestes sollten also am besten vor dem finalen Duell mit dem fiesen Koopa-König erledigt werden, da ihr nach dem Kampf bei einem erneuten Laden eueres Speicherstandes trotzdem wieder vor dem ultimativen Showdown mit Bowser steht. Hier verheißt das „The End“ im Abspann also mal wirklich das, wofür es steht: Nämlich für das endgültige Spielende.

Fazit:
Kurz vor Schluss der N64-Ära brachte Nintendo mit „Paper Mario“ noch mal ein letztes Juwel für die 64-bit-Maschine auf den Markt. Ein lustiges und zu keiner Zeit langweiliges Abenteuer mit einem originellen Grafikstil bietet Nintendofans genau das, was sie von einem fantasievollen Spiel mit ihrem Lieblingsklempner erwarten. Durch den angenehmen Schwierigkeitsgrad ist das Spiel glücklicherweise auch für Einsteiger oder jüngere Spieler hervorragend geeignet. Mit 1000 Wii-Punkten, die beim Download für das Spiel fällig werden, ist man - angesichts des gehandelten Preises von 30 bis 40 Euro des Originalmodules auf dem Gebrauchtmarkt – froh, dass Nintendo uns dieses zeitlose RPG-Vergnügen über die Virtual Console auch für die Wii anbietet. Und jetzt los, die sieben Hohen Sterne befreien sich nicht von alleine! ;) (Niklas)

Zweite Meinung:
Schande über mein Haupt, aber ich habe "Paper Mario" anno 2001 tatsächlich nur kurz angespielt und dann wieder weggelegt. Das hatte verschiedene Gründe, unter anderem aber auch den, dass mich das Abenteuer in den ersten Stunden nicht zu 100% überzeugen konnte. Ein Jahrzehnt später sieht die Sache allerdings anders aus: Auf dem GameCube hatte mich "Paper Mario - Die Legende vom Äonentor" wirklich gefangen genommen und so war es selbstverständlich, dass auch sein Urahn erneut angegangen werden musste. Nachdem ich das in der Tat etwas dröge Tutorial hinter mich gelassen hatte, konnte ich mich dieses Mal auch richtig einleben. "Paper Mario" hat heute (gefüht) an Charme sogar noch zugelegt und die altbackene Spielmechanik ist inzwischen sogar fast wieder modern bzw. innovativ zu nennen. So fein oldschoolig hat man lange nicht mehr gespielt. Im Vergleich zum Nachfolger fällt allerdings auf, dass die Rätsel in der Tat "dezent gesetzt" wurden. In der Hinsicht bietet "Die Legende vom Äonentor" doch deutlich mehr Abwechslung und Ideen. Daran sollen sich Rollenspielliebhaber aber nicht stören. Die taktischen Rundenkämpfe können immer noch fesseln und begeistern durch knifflige Geschicklichkeitstests während des Kampfes auch diejenigen, die lieber auf etwas rasantere Duelle stehen. Gepaar mit der äußerst humorvollen Übersetzung ist "Paper Mario" wirklich eine Perle im aktuellen VC-Sortiment. (Hendrik)

Pluspunkte:
+ tolles Kampfsystem
+ abwechslungsreiche und phantasievolle Spielwelt
+ einzigartiger Grafikstil
+ umfangreiches Ordenfeature
+ RPG-Vergnügen im unverkennbaren Nintendo-Stil
+ liebevolle Lokalisation

Minuspunkte:
- Grafik für Fanatiker Geschmackssache
- nach dem Durchspielen ist leider endgültig Schluss

Wertung:
Einzelspieler: 9,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 1000 Nintendo Punkte

news@mag64.de (06.03.2011)

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