Es gibt ganz wenige Spiele, bei denen ich mich derartig geärgert habe wie bei
Ferrari GT – Evolution. Über gute Spiele freue ich mich natürlich, über wirklich
schlechte kann ich zumindest in der Regel schmunzeln. Als Tester hat man ja den
Vorteil, dass man sie nicht direkt kaufen muss, um andere vor diesen
Schundobjekten zu warnen. Verärgert bin ich über ein Spiel nur selten und doch
gelang dieses Kunststück dem neuesten Rennspiel von Gameloft, die zuvor mit
„Asphalt 4“ eine Hit-verdächtige Umsetzung dieses Genres für DSiWare
herausgebracht hatten.
Doch fangen wir vorne an: Wie der Name es vermuten lässt, dreht sich in Ferrari
GT alles um die roten Luxusboliden aus Maranello. Der Einzelspieler hat die Wahl
zwischen dem obligatorischen „Aracde“-Modus und einer „Karriere“. In ersterem
stellt man sich sein Lieblingssetting einfach selbst ein. Wählt eine der acht
Strecken (u.a. Rom, Madrid, Berlin), sucht aus dem 32-köpfigen Fuhrpark euer
Objekt der Begierde, definiert die Rundenanzahl und entscheidet euch für den
Spielmodus. Diese spielen nicht nur auch im Karriere-Modus eine gewisse Rolle,
man hat sie sich auch ein wenig beim inoffiziellen Vorgänger Asphalt 4
abgeguckt. So sind selbstverständlich normale Rennen gegen bis zu sieben
CPU-Rennfahrer möglich, man kann in einem Drift-Modus antreten oder auf die Jagd
nach der besten Rundenzeit gehen. Außerdem steht „Elimination“ auf dem Plan, wo
man es tunlichst vermeiden sollte, am Ende einer Runde auf dem letzten Platz zu
liegen, denn jeweils dieser Fahrer scheidet augenblicklich aus. All diese Dinge
können auch im Mehrspielermodus eingestellt werden, der leider nur mit maximal
zwei Spielern im Multikarten-Modus gespielt werden kann, d.h. euer Mitspieler
muss genau wie ihr das Spiel installiert haben.
Gerade auch weil die Technik auf demselben beeindruckenden Niveau geblieben ist
wie beim Vorgänger, scheinen die Grundvoraussetzungen für einen tollen
Arcade-Racer optimal erfüllt worden zu sein. Jeder mag schnelle und schicke
Ferrari-Boliden, die Stadtkurse sind angenehm breit und von der Anlage der
Strecke her schön designt. Nach ein paar Übungsrunden funktioniert dann auch das
Driften angenehm flüssig: Dafür muss bei voller Fahrt der B-Knopf für die Bremse
kurz angetippt werden und schon bricht das Heck aus und euer Wagen gleitet im
besten Fall galant um die Kurven. Kenner von Asphalt 4 oder Ridge Racer werden
sich hier schnell heimisch fühlen, zumal – wie gesagt – die Strecken zum Driften
wirklich toll einladen. Insgesamt fühlt es sich hier aber etwas ruppiger an als
bei Asphalt 4 und damit ist es etwas schwieriger zu kontrollieren. Außerdem
müssen Realismusfans wegschauen: Erdanziehungskraft, Fliehkräfte und
Gripverhalten entsprechen keinen irdischen Maßstäben. So kann es in Ferrari GT
schon mal dazu kommen, dass sich das Auto nach einem zu intensiven Drift drei
Mal um die eigene Achse dreht, gegen die Bande rauscht und dann mit fast
ungeminderter Geschwindigkeit (und natürlich auch optisch unversehrt)
weiterfährt. Ein Bremsmanöver wäre in dieser Kurve übrigens ein reiner
Zeitfresser gewesen.
Hört sich doch nach viel Spaß an, oder? Ja, das könnte man meinen. Doch kommen
wir langsam zum wirklich großen Problem dieses Spiels, welches mich eben
angesichts der vielen doch positiven Elemente des Rennspektakels ärgerlich
macht. Entwickler Gameloft hat sich anscheinend überhaupt keine Gedanken über
den Karrieremodus gemacht. Schon Aspahlt 4 zog diesen Modus künstlich in die
Länge, indem man zu wenig Erfahrungspunkte verteilte und der Spieler damit
gezwungen war, immer wieder die gleichen Events zu fahren, um ihn abzuschließen.
Ferrari GT knüpft nahtlos daran an und verschlimmert es noch. Während die
Probleme beim Vorgänger immerhin erst am Ende kamen, als man bereits alle
Strecken kannte und eine entsprechend große Auswahl hatte, startet man hier
direkt mit diesem Problem. Am laufenden Band werden euch Einladungen für
Rennsessions geschickt, an denen ihr aufgrund zu geringer Erfahrung nicht
teilnehmen dürft. Das Spiel erbarmt sich dann eurer und schickt euch stattdessen
immer wieder auf dieselbe Strecke, um dort ein Rennen gegen sieben andere
„Amateure“ zu fahren – tatsächlich fahren alle CPU-Gegner ein wenig wie solche.
Ein Sieg bringt dann natürlich nicht sooo viele Erfahrungspunkte und beim
nächsten Mal dürft ihr schon wieder dorthin. Zwischendurch bietet euch ein
Konkurrent dann mal ein 1vs1-Duell zur Abwechslung an. Wenn ihr viel Glück habt,
werden euch darin sogar kleine Bonusaufgaben gestellt. Beispielswiese sollt ihr
dann nicht nur das Rennen gewinnen, sondern dürft dabei auch nicht mehr als 20
Pylone umfahren, die auf der Strecke verteilt stehen. Nette Idee, aber zum
Teufel damit!! Ich will auch endlich mal die in meinem Kalender wie zum Hohn
notierten Turniere in anderen Städten mitfahren. 25 Rennen später habe ich nur
Rom und Athen in offiziellen Events gesehen, die beiden „einfachen“ Strecken.
Den Großteil der absolvierten Runden habe ich aber in der Toskana gedreht,
meinem heißgeliebten Übungskurs. Immer und immer wieder ging es dort gegen meine
sieben Freunde. Immer und immer wieder begann es in der an der gleichen Stelle
zu regnen, immer und immer wieder hörte es in der dritten Runde wieder auf. Und
die Entwickler bewiesen ihren Hang zum Sadismus: Statt angeblich unerfahrene
Recken wie mich, der ich aufgrund von zu wenig Erfahrungspunkten nicht an den
Turnieren teilnehmen durfte, auf die „einfachen“ Strecken zum Üben zu schicken,
sollte ich immer wieder den schwierigsten Kurs absolvieren. Ja genau, die
Toskana stellte sich tatsächlich als der mit Abstand happigste Kurs heraus. Die
Kurven sind oft eng, die Ausflugsmöglichkeiten groß. „Niveau: Schwer“ prangt im
Arcade-Modus bei dieser Strecke. Das ist doch ein übler Scherz, oder?
Fazit:
Ferrari GT – Evolution ist keine Evolution. Es ist in (fast) jeder Hinsicht ein
Rückschritt gegenüber dem Vorgänger Asphalt 4. Nur die grafische Gestaltung ist
erneut ein Brett, überzeugt mit schicken 3D-Autos und schnellen Umgebungen.
Dafür sind die Ladezeiten nochmal länger geworden, was für DSiWare eine
Frechheit ist. Das Fahrsystem ist genauso schnittig und macht mit den langen
Drifts eine Menge Spaß, ist aber auch nicht mehr so abwechslungsreich. Der Boost
fehlt, die Möglichkeit Gegner aus dem Rennen zu rammen fehlt, die Polizei fehlt.
Dennoch macht Ferrari GT eine Menge Spaß auf der Piste. Es wäre immer noch ein
wirklich gutes Rennspiel, wenn der Karrieremodus nicht aus dem immer gleichen
Kurs bestünde. Hier braucht man sehr, sehr viel Geduld, um sich aus dem Tal der
Tränen herauszukämpfen. Wer sich diese Zeit nehmen möchte und gern ein dutzend
Mal die gleiche Strecke fährt, um dann mit neuen Turnieren belohnt zu werden,
kann auch mit diesem Titel Spaß haben. Allen andere empfehle ich das weniger
provozierende Aspahlt 4, welches insgesamt einfach „kompletter“ daherkommt.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ tolle und schnelle Optik
+ unkomplizierter Arcade-Rennspaß
+ bis zu sieben Gegner auf der Strecke…
+ gelungene Streckenführung
+ witzige Aufgaben (Hütchen umfahren etc.)
+ direkte Steuerung…
+ 8 Strecken und 32 Ferraris
Minuspunkte:
- schwerer Designpatzer im Karriere-Modus
- lange Ladezeiten
- …die relativ KI-arm daherkommen
- kein Tuning mehr
- kein Online-Modus & MP nur noch zu zweit
-…wobei Driften hakeliger ist als beim Voränger
- Rammen, Boosts und Polizei rausgefallen
Wertung:
Einzelspieler: 5,5
Mehrspieler: 4,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
800 Nintendo Punkte
news@mag64.de
(24.11.2010)