"Yeah, Helis und Action…und 'Crisis' im Titel…das muss ein geiles Spiel werden",
dachte sich der Tester. Dann fiel sein Blick während des Vorspanns auf den
Herstellernamen „Digital Leisure“ und die Vorfreude hopste ohne Fallschirm aus
dem Hubschrauber. „The Incredible Maze“, ebenfalls von meinen Freunden Digital
Leisure, war nicht eben das Paradebeispiel eines gelungenen WiiWare-Spiels - und
das ist noch freundlich ausgedrückt (Mag’64-Wertung: 0,5).
Immerhin ist der Titel auch tatsächlich Programm und tarnt nicht nur eine
weitere Minispielsammlung mit wohlklingendem Namen. Ihr nehmt Platz in einem
sogenannten Rettungshubschrauber und startet als Neuling bei einer
Fliegerstaffel, die ihren Sitz offenbar ziemlich einseitig in einem verlassenen
Canyon hat und munter aufgemischt wird, als sich eine Truppe Wissenschaftler an
ihren Bergen zu schaffen macht. Eure ersten Aufgaben umfassen noch das Absetzen
von Touristen oder das Verteilen von Gütern auf die Außenposten, später erfahrt
ihr aus den leider komplett englischen Briefings, dass ihr Wissenschaftler
kutschieren bzw. retten sollt, die in den Canyons eine versunkene Stadt suchen
und später auch finden. Keine Bange, die nur aus den Briefings entnehmbare Story
ist belanglos, insofern greife ich an dieser Stelle nicht wirklich vor.
Lediglich die teils ziemlich amüsant verfassten Befehlsmeldungen eures kauzigen
Vorgesetzten laden das ein oder andere Mal zum Schmunzeln ein. Letzten Endes
kaschieren die Missionsbriefings aber nur den Umstand, dass ihr ein ums andere
Mal die gleiche Aufgabe gestellt bekommt.
Das Gameplay ist dabei ziemlich einfach und vergleichbar mit Tunnelshootern wie
StarFox. Euer Helikopter bewegt sich von allein immerzu nach vorn (wobei ihr per
B-Button manuell einen Zahn zulegen könnt), während ihr unterschiedlichen
Felsformationen in den optisch immer gleichen Canyons ausweicht. Euer Helikopter
reagiert dabei äußerst sensibel auf eure Eingaben. Ihr haltet die Wiimote wie
einen Steuerknüppel senkrecht in der Hand und müsst sie nur ganz leicht in die
entsprechende Richtung neigen, um auch das Fluggerät im Spiel zu manövrieren.
Die Neigung wird prinzipiell gut und sauber erkannt, ist aber auf Dauer
übersensibel. Der normale Flug durch den Level gelingt (auf etwas nervöse Art
und Weise) noch ohne Probleme, das später hinzukommende Abfeuern von Raketen auf
kleine Ziele entpuppt sich aber als fast unmöglich. Da ruckelt und zuckelt alles
bei der kleinsten Handbewegung und man hat häufig erst nach der ersten Rakete
ein Gefühl dafür, wohin man überhaupt gerade zielt, da es kein Fadenkreuz oder
eine vergleichbare Zielhilfe gibt. Wenn man aber nur 15 Raketen hat, wird es
spätestens dann haarig. Völlig misslungen ist schließlich die Integrierung des
Balance Boardes. Technisch funktioniert diese Variante zwar einwandfrei, aber
der Helikopter reagiert auf spärliche Körperbewegungen genauso ruckhaft und
nervös wie auf die Wiimote-Schwenker. Während die Hand aber noch unter Kontrolle
zu kriegen ist, fällt das mit dem Körper zunehmend schwerer. Wer sein Balance
Board gerne wieder benutzen möchte, schaut sich auf jeden Fall woanders um.
Bis ihr zu den Missionen mit Schusswechsel kommt, stehen allerdings eine ganze
Reihe monotoner „Bring Ware dorthin“-, „Verfrachte die Wissenschaftler hierher“-
oder „Sammle die Touristen drüben ein“-Missionen auf dem Plan. Die sogenannte
Geschichte findet zwar immer wieder neue Gründe, die Umwelt mit seinem Benzin zu
verpesten, im Kern tut ihr aber stets das Gleiche: Ihr fliegt durch den Canyon,
sammelt bunte Symbole ein und meidet die Wände. In Ordnung, das ist aufgrund der
übersensiblen Steuerung schon gar nicht so einfach und irgendwie zunächst auch
kurzweilig, aber dadurch eben auf Dauer nicht minder monoton. Dabei ist das
Punkte- bzw. Highscoresystem eigentlich ganz nett: Ihr bekommt eine Zeitvorgabe
(meist zwischen 1.30 und 2.30 Min.), eine Punktvorgabe und eine Basisaufgabe wie
„Rette 3 von 5 Wissenschaftlern!“ gestellt. Mindestens die Basisaufgabe muss
erfüllt werden, um die Mission abzuschließen. Was mit „Rette den
Wissenschaftler“ überschrieben ist, bedeutet für euch in der Praxis aber
lediglich, dass ihr tief genug über ein kleines Männchen hinweg fliegt. Jeder
weitere Wissenschaftler, jeder Punkt über die Vorgabe und jede Sekunde unter der
Zeitvorgabe erhöhen euer Ranking, welches in Form von einen bis fünf Sternen
angezeigt wird. Für Punkte sorgt übrigens das Durchfliegen verschiedener Ringe.
Ganz nebenbei müsst ihr auch noch auf eure Schadens- und Spritanzeige achten.
Fliegt über Erste-Hilfe-Symbole und an widerspenstigen Felsklippen erlittener
Schaden wird komplett geheilt, fliegt über den Benzin-Kanister und ihr könnt
weiterhin auf die Tube drücken. Von allen Symbolen und Hilfen sich ausreichend
in den Levels vorhanden, sodass ihr nur selten den virtuellen Tod sterben
werdet.
So plätschern die insgesamt 30 Missionen (plus Bonus-Missionen) so vor sich hin,
ohne in irgendeiner Form für sonderlich viel Spannung zu sorgen. Das Leveldesign
ist zunächst unspektakulär, aber weitgehend in Ordnung, später ermüdet es bzw.
wird unfair, wenn man die Höhle erreicht, die immerhin ein BISSCHEN optische
Abwechslung bringt. Dort ist es nämlich stockduster und nur eure Lampe erhellt
die Umgebung. Hindernisse sind so aber oft zu spät erkennbar, dazu gesellt sich
in den späteren Missionen ein beständiges Wackeln des ganzen Bildes - was
eigentlich den baldigen Zusammenbruch des Berges andeuten soll, nervt nach zwei
Minuten Gewackel enorm und schlägt auf den Kopf ein wie ein Hammer. Die wegen
der Steuerung beinahe nicht zu treffenden Gegner, die zuletzt hinzukommen, habe
ich bereits erwähnt. Alles in allem machen daher die ersten Trainingsmissionen
beinahe noch am meisten Spaß. Eine besondere Frechheit leisten sich die
Entwickler unter der Option „Hangar“ im Hauptmenü. Dort dürfen gegen Gebühr von
100 Nintendo-Punkten neuen Helikopter für das Spiel erworben werden. Diese
fliegen dann standardmäßig schneller, sind gegen Geschosse besser gewappnet oder
sammeln leichter die Passagiere auf. Die Gefährte sind nicht notwendig, um das
Spiel abzuschließen, dennoch hätte man sie auch gut einfach mit besonders
erfolgreichen Bewertungen am Ende des Levels freispielen lassen können. Dann
hätte eine 5-Sterne-Wertung auch endlich spielerischen Nutzen. In dieser Form
ist der Zukauf von Hubschraubern einfach nur Halsabschneiderei.
Statt sich über neue Einnahmemöglichkeiten Gedanken zu machen, hätten die klugen
Köpfe bei Digital Leisure ruhig mal unterschiedliche Texturen in das Spiel
einbauen können. So müsst ihr leider mit einer Felstextur und einer
Himmelstextur Vorlieb nehmen. Selbst vor scharfen Logikfehlern wie immer gleich
aussehende Landeplätze beim Ziel (obwohl man zuvor ausdrücklich in völlig
unbekanntes und menschenleeres Terrain geschickt wurde) scheuten die
arbeitsscheuen Entwickler nicht zurück. Stellt euch ein N64-Spiel ohne Nebel vor
und ihr kennt die Optik von Copter Crisis. Die Sounduntermalung steht dem dann
in nichts nach: Das markante Geräusch der Fluggeräte wurde nur mehr undeutlich
und viel zu dumpf eingefangen, die Musik ist zuweilen fast gar nicht zu hören
und wenn, dann schwankt sie bestenfalls zwischen belang- und lieblos.
Fazit:
Auch wenn Copter Crisis bei Lichte betrachtet nicht zu einem Desaster
verkommt – man beachte den Wortwitz! -, so ist das Spiel doch von den
Männerträumen, die der Titel vielleicht auslösen mag, so weit weg wie Amy
Whinehouse von Platz 1 der FHM-Liste der schönsten Frauen. Während der
allerersten Minuten ärgert man sich über die viel zu sensible Steuerung, dann
beginnt man sich zwischen Mission drei und fünf ein wenig für das Spiel zu
erwärmen, bis einen die monotone Umgebung und die immer gleichen
Aufgabenstellungen ermüden und schließlich unfair dunkle Passagen und wegen der
Steuerung nicht zu treffende Ziele den Spaß vollständig verderben. Zudem ist es
eine Frechheit, dass Inhalte, die eigentlich schlicht freizuspielen sein
müssten, nun plötzlich für echtes Geld gekauft werden sollen. Vor dem
Totalausfall wird das Spiel nur durch das prinzipiell gute Rang-System gerettet.
Die Frage ist, wer sich ernsthaft damit beschäftigen möchte?!
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ Neigung der Wiimote wird sauber erkannt
+ kurzfristig kurzweilig
+ motivierendes Sterne/Rang-System
+ teils amüsante Briefings
Minuspunkte:
- Steuerung viel zu sensibel
- Missionen ohne Abwechslung
- Leveldesign langweilig bis unfair
- immer gleich aussehende Canyons
- komplett englisch
- grauenvoll unpräzise Schusssteuerung
- Balance Board Unterstützung eine Farce
- andere Helikopter müssen gekauft (!) werden
WERTUNG
Einzelspieler: 2,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
500 Nintendo Punkte
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(31.03.2010)