Willkommen zum Test des ersten Horrorspiels für WiiWare. Bislang tat sich
Nintendos Onlinemarkt ja eher durch mehr oder weniger sinnvolle Minispiele und
Puzzle-Games hervor, mit WayForwards LIT wird es nun aber ernst. Nun ja, fast.
Denn genau genommen handelt es sich bei LIT nicht um ein Horrorspiel im
herkömmlichen Sinne – will heißen: im Stile eines Resident Evil -, sondern um
ein Horror-Puzzle-Spiel. Und „Zack“ befinden wir uns wieder in vertrauten
WiiWare-Dimensionen. Aber was können wir von dieser kruden Mischung, an der Mark
Bozon von IGN als Creative Director mitgearbeitet hat, erwarten?
Zuallererst einmal eine völlig zusammenhangslose und im Prinzip nicht erkennbare
Geschichte. In LIT steuert ihr den Teenager Jake, der – warum auch immer? – in
der Mini-Introsequenz in seine verdammt düstere Schule rennt und sich
verzweifelt an die Tafel lehnt. Im sehr stylischen Hauptmenü wählt ihr sodann
einen von drei Speicherslots aus und legt direkt los. Jake steht auf, tritt
durch eine Tür und unvermittelt steht ihr vor eurem ersten Rätselraum.
Storyrelevante Grundfragen wie etwa „Wer bin ich?“, „Warum bin ich hier?“,
„Warum ist es in meiner Schule so saumäßig dunkel?“ oder“ Wer zum Teufel sind
diese Teenager-fressenden Wesen, die nur in der Dunkelheit leben?“ werden in der
Folge einfach ignoriert. Stattdessen könnt aber in manchen Levels mit eurer
offenbar ebenfalls verwirrten Freundin telefonieren, die selbst immer tiefer der
Dunkelheit anheimfällt. Sie zu retten, kristallisiert sich dabei bald schon als
euer Hauptziel heraus.
Auf dem Weg dahin löst ihr 25 Rätselräume und besiegt fünf Bossgegner. Da es
passend zur fehlenden Storyeinführung auch kein spielerisches Tutorial gibt,
müsst ihr euch die Logik des Spiels selbst erarbeiten. Die Kamera blickt aus
erhöhter Sicht von oben in einen Klassenraum, der den Bildschirm stets ausfüllt.
Ihr startet am unteren Bildrand in einem kleinen Viereck, das vom Exit-Schild
über der Tür erhellt wird. Leider liegt die Ausgangstür auf der oberen Seite des
Bildschirms und der gesamte Raum ist stockdunkel. Verlasst ihr eure helle
Sicherheitszone, greifen geheimnisvolle Wesen nach euch und ihr habt verloren.
Nun werden euch verschiedene Möglichkeiten gegeben, die fiese Finsternis zu
überwinden. Die einfachste Methode besteht darin, mit Druck auf den C-Knopf
Munition für eure Schleuder einzusammeln, anschließend mit „Z“ in den manuellen
Zielmodus zu wechseln und in bester Zelda-Manier ein Fenster mit einem Schuss
aus der Schleuder zu zerstören. Sogleich fällt ein gerader Lichtstrahl in den
Raum. So erreicht ihr dann die nächste Munitionskiste, zerstört ein weiteres
Fenster und so weiter. Damit es aber nicht langweilig wird, haben sich die
Entwickler viele verschiedene solcher lichtspendenden Möglichkeiten ausgedacht
und waren dabei teils wirklich kreativ. Ihr könnt normale Tischlampen anknipsen,
müsst Bewegungsmelder aktivieren (die natürlich nach kurzer Zeit wieder
ausgehen), aktiviert auch hin und her schwenkende Flutlichter oder nutzt das
Licht von Fernsehern oder Computern. Erstere müssen mit einer Fernbedienung
angestellt werden, letztere stehen oft in großer Anzahl im Raum und springen,
sollte einer angeschaltet werden, immer alle an. Das führt durch Überlastung zu
einem Kurzschluss und vollkommener Dunkelheit. Eine Leiste am oberen Rand zeigt
euch an, wie viel Strom die aktivierten Geräte aktuell verbrauchen. Nähert ihr
euch der Überlastung, heißt es: Abschalten von nicht mehr benötigten Lampen. Das
Computerproblem löst ihr im Übrigen mit eurem verfügbaren Arsenal an
Gegenständen. Neben der Schleuder (mit der ihr auch aus Entfernung Lampen
„ausschießen“ könnt) findet ihr auch sogenannte Kirschbomben, die beim Aufprall
mit einer kleinen Explosion mehrere Geräte zerstören können. Damit der
Stromkreis bei zu vielen Computern also nicht überlastet wird, zerstört doch
einfach vorher die unwichtigen Lichtspender. Die Bomben können aber auch zum
Problem werden, wenn ihr mit ihrer Hilfe zwar ein Fenster zerstören wollt, aber
gleich daneben eine Tischlampe steht, die ihr zwangsweise zum Weiterkommen
benötigt. Ihr seht, die Rätsel sind durchaus abwechslungsreich gemacht und
fordern ein gutes Zusammenspiel vom Inventar des Klassenraums und eurer
Ausrüstung. Rätselorientierte Levels wechseln sich immer wieder mit solchen ab,
in denen auch verstärkt Geschicklichkeit gefragt ist. Auch die eingestreuten
Endgegner sind zumeist mit intelligenten Rätseln verflochten und sorgen für
weitere Abwechslung. Leider erschwert das gruselig-dunkle Setting ein wenig den
Rätselspaß. Grundsätzlich ist die Symbiose von interessanter Art, aber wegen des
Licht-Schatten-Konzepts sieht man als Spieler natürlich nicht den Rest des
Raumes. Die Entwickler haben dem Hauptcharakter deshalb eine Taschenlampe in die
Hand gedrückt, die mithilfe des Pointers dezent zickig zu steuern ist. Somit
kann man den Raum erlauchten, aber eben immer nur einen Ausschnitt. Zudem leeren
sich die Batterien der verflixten Funzel dermaßen schnell, dass das
darauffolgende Schütteln der Wiimote, um sie wieder aufzuladen, extrem nervig
werden kann. Unter anderem der Dunkelheit sind dann auch zahlreiche Try &
Error-Szenen geschuldet, die nicht recht ins spannende Rätselkonzept passen
wollen. Erstens weiß man zunächst kaum, was man mit neuen Gegenständen alles
anstellen kann, zweitens fliegen einem des Öfteren die Sicherungen raus, weil
man einfach vorher nicht erkennen kann, dass durch diesen Schalter mehrere
Geräte eingeschaltet werden. In Kombination mit zahlreichen Sackgassen (wird ein
Gegenständ falsch angewendet, ist der Raum nicht mehr zu schaffen) sorgt das für
gehörigen Frust.
Dieser wird durch nervige Kleinigkeiten bei der Steuerung noch verstärkt.
Prinzipiell haben die Entwickler dabei gute Arbeit geleistet und alle Befehle
und Aktionen liegen sinnvoll verteilt auf den Knöpfen. Die etwas bockige
Steuerung der Taschenlampe ist vor allem dem isometrischen Blickwinkel
geschuldet und das überstrapazierte Schütteln der Wiimote zur Aufladung der
Batterien verzeihe ich angesichts ansonsten löblicherweise fehlender
Bewegungseinlagen noch so gerade. Aber warum die Entwickler derart streng mit
der Grenze von Licht und Schatten umgegangen sind, ist mir ein Rätsel. Jake
lässt sich mit dem Stick zwar recht flüssig steuern, aber bei den oftmals sehr
engen Lichtkegeln eiert auch der geübteste Spieler beim gefühlt 23. Versuch
manchmal etwas hin und her und sollte man dann nur leicht die Dunkelheit
berühren, hat man sofort verloren. Gerade 90° Ecken werden so regelmäßig zur
tödlichen Falle. Zu allem Überfluss gesellt sich noch eine hakelige
Zielautomatik hinzu, die gerne auch mal die Lampe anknipst, statt die
danebenliegende Munition aufzunehmen. Ärgerlich, wenn dadurch dann die Sicherung
rausspringt. Alles in allem ist LIT unheimlich frustanfällig und die Quote der
eigentlich unverschuldeten Fehlversuche liegt leider deutlich zu hoch.
Immerhin wird nach jedem Raum gespeichert und innerhalb von zwei bis drei
Sekunden ist man ohne Ladezeiten sofort wieder startklar. Das dämpft den Ärger
etwas und hält die Motivation hoch. Die einzelnen Räume sind im Prinzip immer
innerhalb von wenigen Minuten zu absolvieren, allerdings dauert der eigentliche
Lösungsprozess oftmals sehr viel länger, sodass man auf eine angenehme Spielzeit
von drei bis vier Stunden kommt. Leider gibt es innerhalb der Levels keine
versteckten Routen oder andere Geheimnisse, lediglich die Telefonanrufe der
Freundin solltet ihr stets entgegennehmen, damit ihr auch das „gute“ Ende zu
Gesicht bekommt. Nach dem Durchspielen wartet übrigens noch ein ultraharter
„Dark Mode“ auf euch, in dem ihr die Levels unter enormen Zeitdruck erledigen
sollt.
Bei einem Puzzlespiel eigentlich weniger wichtig ist ja die Grafik. LIT hat es
aber insofern schwer, als dass es ja auch in gewisser Weise das Flair eines
Horrorspiels einfangen möchte. Auf dieser Linie versagt das Spiel vollkommen.
Während Jake noch als mittelmäßig durchgeht, ist das Art-Design der Gegner nur
noch grauenvoll; und obwohl es sich um Horror handelt, ist das nicht positiv
gemeint. Und auch sonst machen die Klassenräume einen sterilen, immer gleichen
Eindruck: Tische, Lampen, Stelltafeln...diese Objekte kommen in immer gleicher
Form immer wieder vor. Außerdem hat man leider keine tollen Licht &
Schatten-Effekte eingebaut, die sich doch angesichts der Taschenlampe angeboten
hätten. Bezeichnenderweise kann auch die Musik keine Bäume ausreißen, die zwar
dezent und unheimlich daher kommt, aber sich mit nur zwei echten Varianten als
etwas abwechslungsarm präsentiert. Immerhin wurden die Telefonate mit guter,
englischer Sprachausgabe versehen, die passenderweise aus der Wiimote erklingt.
Übersetzt ist das Spiel nur zum Teil: Während die spärlichen Menüs auf Englisch
verblieben sind, hat man immerhin die Telefonate in sauberem Deutsch
untertitelt.
Fazit:
Es ist schade! LIT hätte das Potenzial zu einem ganz großen Titel auf dem
WiiWare-Markt. Es ist originell und bietet ein spannend gemachtes Rätselkonzept.
Doch spielen Titel wie World of Goo trotzdem in einer vollkommen anderen Liga.
Daran ist bei LIT nur vordergründig die deutlich schlechtere Technik schuld;
viel wichtiger ist das hohe Frustpotenzial bei diesem Titel, der sich trotz
gelungenem Rätselspaß immer wieder selbst ein Bein stellt mit Puzzlen, die zu
sehr dem Try & Error-Prinzip verfallen, die zu oft in einer Sackgasse landen,
mit einer Steuerung, deren Zielautomatik für Frust sorgt und die bisweilen einen
Schrittfehler zu wenig verzeiht. Ansonsten aber bitte mehr davon, WayForward,
denn LIT ist ein im Kern wirklich spaßiges Spiel, das sein Geld wert ist. Beim
nächsten Mal dann bitte ausgewogener und noch einen Tick intelligenter designt.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ prinzipiell sehr stimmige Rätsel
+ unterschiedliche Items
+ funktionierende Steuerung
+ bedrohliche Stimmung
+ faire Speicherpunkte
+ guter Umfang
Minuspunkte:
- zu viele Try & Error-Passagen
- Rätsel mit zu vielen Sackgassen
- grafisch und designmäßig öde
- fehlende Story/ fehlendes Tutorial
- hohes Frustpotenzial
Wertung:
Einzelspieler: 7,0
Screenshot 1
Screenshot 2
Preis:
800 Nintendo Punkte
news@mag64.de
(24.03.2010)