Die Atmosphäre ist ruhig, die Stimmung allerdings leicht angespannt. Die Kontrahenten werfen sich "scharfe" Blicke zu und
jeder versucht, einen Blick in das Blatt des anderen zu werfen. Plötzlich springt einer der Spieler auf, der Stuhl, auf dem
er zuvor noch saß, fällt dabei krachend zu Boden. "Uno!" - nur noch eine Karte auf der Hand! Die Mitspieler werden nervös,
kleine Schweißperlen werden auf der Stirn des Gegenübers sichtbar. Eine weitere Spielrunde verstreicht, niemand konnte mit
einer besonderen Karte dem Spiel eine Wendung verleihen und so schmeißt eben jener stehende Spieler seine letzte Karte unter
lautstarkem Gebrüll auf den Kartenhaufen in der Mitte. Seine Siegerpose verrät: Das Spiel ist vorbei, der Sieger steht fest
(...). Solch pure Ekstase, solchen Enthusiasmus erzeugt nur das allseits beliebte und bekannte Kartenspiel "Uno". Genau dieses
Spiel, das stets einen hohen Spaßfaktor auf jeder Party und auf jedem Fest garantiert, versucht das Entwicklerstudio Gameloft
nun auch in virtueller Form auf der Wii zu Ruhm und Ehre zu führen. Das Angebot klingt verlockend: Einzelspieler-,
Mehrspieler- und Onlinemodus samt Mii- und Wii Speak-Unterstützung, das Ganze für schlappe 500 Punkte - was will man mehr?
Die Antwort ist einfach: Spielspaß.
Im Menü des Spiels stehen euch zunächst drei Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung: Solo-Kartenleger können zwischen dem "Freien
Spiel" und dem "Turnier"-Modus wählen, Freunde des Spielens in geselliger Runde hingegen klicken natürlich gleich auf den
"Mehrspieler"-Button, um entweder lokal gegen einige Freunde anzutreten oder sich online mit den besten "Uno"-Spielern der
Welt zu messen. Bevor es soweit kommt, gilt es allerdings beim ersten Starten des Spiels ein Profil anzulegen (vier Profile
sind möglich), welches mit einem Mii auf eurer Konsole verbunden wird. Diesen wie gewohnt nicht löschen, andernfalls geht
auch euer "Uno"-Profil flöten. Eine Beschreibung des "Uno"-Spielprinzips erspare ich mir an dieser Stelle. Wer bisher noch nie
eine "Uno"-Spielkarte auf der Hand hatte, geschweige denn eine Runde gespielt hat, möge sich bitte anderweitig über das -
tatsächlich recht umfangreiche - Regelwerk dieses Kartenspiels informieren. Werfen wir zunächst einen Blick in den
Einzelspielerpart: Wie bereits geschrieben, kann hier zwischen einem schnellen Spiel und einem Turnier gewählt werden. Das
"Freie Spiel" bietet, wie zu vermuten, die Möglichkeit, ein schnelles "Uno"-Spiel gegen KI-Gegner zu starten. Die Anzahl
eurer computergesteuerten Mitspieler, deren Stärke und einiges mehr lässt sich vor Beginn nach Bedarf einstellen, sodass
dieser Modus hervorragend dazu dient, sich in das Spiel hineinzufinden. Als Solist sollte man sein Augenmerk später allerdings
eher auf den Turnier-Modus werfen: Hier müssen 15 "Uno"-Runden - wohlgemerkt jeweils als Sieger - absolviert werden, die
mit unterschiedlich vielen und unterschiedlich starken Gegnern sowie variierenden Regeln durchaus Abwechslung bieten. Als
Belohnungen für euer Können (oder euer Glück) erhaltet ihr neue Kartendesigns und Spielhintergründe, welche jeweils über die
Option auswechselbar sind. Bei einigen "Uno"-Fans stellt sich nun vermutlich ein Funkeln in den Augen ein, um jedoch auf dem
Boden der Tatsachen zu bleiben: Der Solo-Part kann eigentlich nur als Flop bezeichnet werden. So lobenswert der Versuch, dem
Titel einen Einzelspielermodus einzupflanzen, auch ist, es mangelt ganz essenziell an einer Sache: Der Freude am Spielen. Ein
"Uno"-Duell gegen KI-Gegner ist ungefähr so spannend wie das Durchlesen der Sicherheitshinweise beim Systemstart und erzeugt
entsprechend einfach nur gähnende Langeweile beim Spielen. Das Turnier ändert da wenig dran: Abwechslung wird zwar von Runde
zu Runde geboten, nichtsdestotrotz sind die 15 Runden im Verlauf ziemlich öde, oft auch zäh. Und noch ein paar Worte zu den
"Belohnungen": Wer bitte braucht schon mehrere Karten- und Hintergrunddesigns? Vielleicht bin ich dafür nicht feinsinnig genug,
aber sowohl das Standard-Deck als auch der Standard-Hintergrund haben mir völlig gereicht. Vor allem: Eine Motivation, sich
durch das gesamte Turnier durchzuschlagen, stellen diese nun wahrlich nicht dar!
Widmen wir uns also dem Herzen des Titels: Dem Multiplayer. Zugegeben: Ich war anfangs ziemlich überrascht, dass neben dem
erwarteten WiFi-Modus auch ein Offline-Mehrspielermodus vorzufinden war. Eine leichte Skepsis machte sich in mir breit - wie
sich herausstellte zurecht! Bis zu vier Spieler gleichzeitig können sich lokal vor einer Konsole austoben, dazu werden dann
entsprechend vier Wiimotes benötigt. Das Spielen nach dem "Hot Seat"-Verfahren hätte es sicherlich auch getan, aber ich will
nicht pingelig werden. Das wesentliche Problem des Mehrspielers ist ein ganz anderes: Wie man vermutlich schon ahnen kann, ist
das Spielen vor einem Bildschirm nur mit "offenen" Karten möglich - ein No-go! Immer dann, wenn ein Spieler an der Reihe ist,
werden entsprechend seine Karten aufgedeckt und der Rest der Meute erhält einen tiefen Einblick in das jeweilige Deck. Bluffen?
Unter diesen Umständen nicht möglich. Andere Taktiken? Ebenso wenig. Auch hier gilt: Die Umsetzung ist völlig für die Tonne
und obendrein vollkommen überflüssig. Die einzige Daseinsberechtigung des Spiels lässt sich im WiFi-Modus finden: Hier könnt
ihr gegen bis zu sechs Spieler online antreten - entweder gegen Fremde per schnellem Spiel oder gegen Freunde und Bekannte,
wenn zuvor die jeweiligen Freundescodes ausgetauscht wurden. Dies ist in der Tat ganz nett und hier entfaltet "Uno" erstmals
sein Potenzial. Wer daheim WiiSpeak sein Eigen nennt, kann und sollte vor allem dieses für den Onlinemodus nutzen. Befindet
sich dieses Zubehör nicht in eurem Besitz, könnt ihr lediglich über vorgefertigte Sprüche wie in "Mario Kart Wii"
kommunizieren. Das Finden von willigen Mitspielern im Netz war zum Testzeitpunkt stets möglich, wobei nur selten ein "volles"
Spiel möglich war. Freie Plätze werden im Spiel durch KI-Gegner ersetzt, sodass es durchaus nicht unüblich ist, wenn man
"nur" gegen zwei oder drei reale Gegner antritt und der Rest der Plätze durch Bots ausgefüllt wird. Treten allerdings weitere
Spieler bei, werden die KI-Kameraden natürlich von ihnen ersetzt. Als kleines Minifazit zum Onlinemodus lässt sich sagen: Wer
WiiSpeak besitzt und öfters mit Freunden virtuell ein paar Karten legen möchte, wird mit "Uno" seine Freude haben. Alle
anderen werden sich online mit Gamelofts Kartenspiel sicherlich nicht langweilen, zumindest nicht sofort, allerdings verliert
der Titel ohne WiiSpeak-Unterstützung enorm an Attraktivität und verschwindet vermutlich recht schnell in den Weiten eures
Wii-Speichers. Ein Match gegen andere Spieler ohne die Möglichkeit einer richtigen Kommunikation ist ähnlich spannend wie eine
Runde reales "Uno" gegen Freunde, die während des gesamten Spiels kein Wort sagen. Das WiiSpeak-Mikro erzeugt in diesem Fall
tatsächlich einen markanten Unterschied in Sachen Spielspaß.
Zumindest aus technischer Sicht kann man dem Spiel nichts vorwerfen: "Uno" präsentiert sich in einem knallbunten und
flippigen Stil, die Kartendesigns und Backgrounds lassen sich wie erwähnt nach Belieben wechseln bzw. austauschen und die
Musik dudelt dezent im Hintergrund vor sich hin, ohne dabei zu aufdringlich oder störend zu wirken. Sehr nett anzusehen sind
zudem die Mii-Animationen: Müsst ihr beispielsweise zwei Karten ziehen, macht euer Mii einen traurigen bis wütenden Eindruck,
während bei einem Sieg eine obligatorische Siegerpose nicht fehlen darf. Insgesamt ist die Mii-Einbindung clever umgesetzt und
verleiht dem Spiel damit einen gewissen persönlichen Touch.
Fazit:
Ganz ehrlich? Viel konnte und kann ich "Uno" für WiiWare bisher nicht abgewinnen - und das aus ganz einfachen Gründen: Das
Spiel ist durch überflüssige und langweilige Offlinemodi ziemlich aufgebläht, der Online-Part ist nur in Kombination mit
WiiSpeak wirklich eine Empfehlung wert und allgemein mangelt es ganz essenziell an Spielspaß und Langzeitmotivation - und das
auch noch an allen Ecken und Enden. Der berühmte Funke möchte einfach nicht überspringen, sodass unterm Strich das Fazit
recht mau ausfällt. Wer sich selbst zu den größten Fans des verrückten Kartenspiels zählt und selbst beim Essen stets "Uno!"
ruft, bevor er den letzten Bissen in Richtung Kauleisten schiebt, darf durchaus einen Blick riskieren. Allen anderen würde
ich an dieser Stelle eher empfehlen, sich das originale UNO Kartenspiel von Mattel zu besorgen und anschließend ein paar
Freunde zum Spielen einzuladen. Ein Gesellschaftsspiel sollte man eben in Gesellschaft spielen - dies sei auch als kleine
Mahnung an Gameloft gerichtet!
(Alexander)
Pluspunkte:
+ klassisches "Uno" nun auch für Wii
+ vier Spielprofile möglich
+ Turniermodus für Einzelspieler
+ Mii-Support
+ Online-Modus mit WiiSpeak-Unterstützung
Minuspunkte:
- langweiliger Einzelspielerpart
- vollkommen überflüssiger Offline-Multiplayer
- WiiSpeak ein "Muss" fürs Onlinespiel ...
- ... andernfalls geringe Langzeitmotivation
Wertung:
Einzelspieler: 2,5
Mehrspieler: 1,5
Online: 6,5
Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
500 Nintendo Punkte
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(16.03.2010)