Schon seit 1990 verdingt sich Mario nicht nur als professioneller
Prinzessinnen-Retter sondern auch als Facharzt für bakterielle Erkrankungen. Vom
Tetris-Erfolg beflügelt, hatte man sich bei Nintendo offenbar gedacht, dass auch
Mario sehr gut zu einem Knobelspiel passen würde. Herausgekommen ist ein
intelligenter und ungleich schwererer Puzzler als das große Blöckevorbild. Nach
diversen Auftritten auf allerlei Nintendo-Konsolen tritt Dr. Mario nun auch auf
WiiWare seinen Dienst an.
Eigentlich handelt es sich beim Download von „Dr. Mario & Bazillendjagd“ wie der
Name schon sagt um zwei Titel im selben Spiel. Befassen wir uns zunächst mit dem
klassischen Dr. Mario. Mit quer gehaltener Wiimote geht es hier fiesen Bakterien
an den Kragen. Das Spielprinzip ist einfach, aber knifflig: Wie bei Tetris
fallen von oben stetig Pillen in ein Glas herunter. In diesem Glas wimmelt es
bereits von verschiedenfarbigen Bakterien, die eliminiert werden wollen. Dabei
spielen die Farben Rot, Geld und Blau eine zentrale Rolle. Jeweils eine dieser
Farben ziert das Aussehen eines jeden Bakteriums, ebenso wie das der
herunterfallenden Pillen. Letztere bestehen aus zwei Teilen und können auch
zweifarbig daherkommen. Ziel ist es nun nicht, komplette Reihen zu bilden, die
sich auflösen, sondern vier gleichfarbige Elemente zusammenzubringen. Im besten
Fall sind ein bis zwei Bakterien in dieser Farbfolge dabei, denn dann lösen sich
die Schädlinge auf.
Was in der Theorie und erst Recht beim praktischen Test nach 10 Sekunden
verstanden zu sein scheint, entpuppt sich aber als durchaus verzwickte
Angelegenheit. Zweifarbige Pillen sorgen immer wieder dafür, dass Reste auf
„falsche“ (d.h. farbungleiche) Bakterien plumpsen, was zu späteren Verwicklungen
führen kann. Hier ist große Weitsicht vom Spieler gefordert sowie ein schnelles
Reaktionsvermögen bei immer schneller fallenden Pillen. Für noch mehr
Komplexität sorgt das Punkte-Kombo-System. Reine 4er-Reihen aufzulösen, ist mit
der Weile gut möglich, doch zwei oder drei Verkettungen zu erstellen, entpuppt
sich als wahre Aufgabe für Genies. Gerade dachte man, das Spiel sei bezwungen,
da kommt ein Online-Gegner daher und walzt euch innerhalb kürzester Zeit platt.
Da heißt es dann: Nichts wie zurück an den Highscore-Modus und üben, üben und
nochmals üben.
Wo wir gerade bei den Modi sind, verweilen wir doch kurz bei diesem Thema. Dr.
Mario offeriert euch insgesamt drei verschiedene Spielmodi, die sich alle aber
im Kern um das oben beschriebene Knobeln drehen. Im klassischen Modus dürft ihr
aus 20 Schwierigkeitsstufen und 3 Fallgeschwindigkeiten wählen und so auf
Highscore-Jagd gehen. Durch den Schwierigkeitsgrad bestimmt ihr die Anzahl der
zu vernichtenden Bazillen in eurem Glas. Je mehr unliebsame Gäste, desto
schwieriger das Auflösen sämtlicher Gestalten. Daneben bietet euch das Spiel die
Möglichkeit, gegen den CPU in einem Duell anzutreten. Der Modus erinnert
entfernt an den klassischen Mehrspielermodus von Tetris. Erinnert ihr euch? Habt
ihr dort mehr als zwei Reihen gleichzeitig aufgelöst, erschienen diese beim
Gegner. Hier genau das gleiche: Gelingt euch eine Kombo, in der mehr als ein
Bazillus über den Jordan geht, erscheinen beim Gegner zwei oder mehr
Pillenstücke zufälliger Farbe, die in der Regel richtig weh tun. Der Modus
„Blitz“ ist davon letztlich nur eine kleine Abwandlung. Hier müsst ihr nicht
alle Bakterien vernichten, sondern nur die, die aufdringlich blinken. Hier sind
ein genaues Auge und Verständnis dafür gefragt, welche Bakterien unbeachtet
liegen bleiben dürfen und welche weg müssen, um zu den blinkenden Exemplaren
vorstoßen zu können.
Wie bereits erwähnt, bleibt das Spielprinzip an sich aber unangetastet. Die
kleine Abwechslung, die diese Modi bieten, ist nicht mehr als ‚nett’. Spaßiger
ist aber der echte Zweispielermodus, der quasi wie der „vs. CPU“- Modus
funktioniert. Auch die „Blitz“- Variante ist hier möglich. Gegen einen Gegner
aus Fleisch und Blut lässt es sich doch gleich viel hitziger spielen als gegen
den recht emotionslosen Computer. Schade ist aber, dass man es versäumt hat,
einen 4-Spieler-Modus einzubauen. Vermutlich hätte die Übersicht etwas gelitten,
aber mit ein wenig abgespeckter Kulisse wäre es doch locker drin gewesen, wie
Tetris Party zeigt.
So weit die eine Hälfte des Spiels. Die andere, namens Bazillendjagd, ist eine
erweiterte Version des Ur-Prinzips von Dr. Mario. Es entstammt dem Spiel „Mehr
Dr. Kawashimas Gehirnjogging“. Auch hier fallen Pillen herunter und man muss
Bakterien vernichten, doch per Stylus konnten damals die herunterfallenden
Pillen gezogen werden und der fallende „Rest“ von 4er-Auflösungen konnte mit
schneller Hand noch bewegt und zurecht gelegt werden. Dieses Prinzip wurde 1:1
übernommen. Den Stylus ersetzt die Wiimote. Insgesamt erfordert diese Variante
weniger Weitblick, da man fallende Reste ja noch bewegen kann. Außerdem ist
stark an das Spielfeld herangezoomt worden, sodass letztlich weniger Platz
bleibt für die Pillen. Die Partien gehen damit auch schneller zu Ende. Schade
ist, dass man hier nicht mal mehr zu zweit an den Start gehen darf. Auch das
dürfte der Größe geschuldet sein, die dann hätte eingeschränkte werden müssen.
Ich hätte mir einen Kompromiss aus Übersicht und Funktionalität gewünscht. Aber
immerhin haben die Entwickler an einen kooperativen Modus für die bis zu vier
Spieler gleichzeitig gedacht. So kann hier jede auf den Fernseher gerichtete
Wiimote herabfallende Kapseln greifen und ablegen. Gerade zu viert erfordert das
aber große sprachliche Koordination, damit nicht jeder sein eigenes Süppchen
kocht. Aber gerade das kann für einige vergnügliche Zeit sorgen. Mit mehreren
Leuten tritt dann auch weniger das Problem auf, dass man mit Pointer und Wiimote
einfach nicht so präzise agieren kann wie mit dem Stylus auf dem DS. Spielt man
allein, ist in der größten Hektik gegen die vielen Pillen kaum ein Kraut
gewachsen, die Steuerung per se einfach pingeliger ist als auf dem DS. Im
Mehrspielermodus kann man dann eben durch gute Absprachen vieles davon
entschärfen. Leider darf man hier nicht online gegen andere Spiele antreten. Das
hätte dem Ganzen noch ein wenig mehr Langzeitmotivation verpasst. Der
Online-Modus im klassischen Dr. Mario kann dagegegen vollauf überzeugen. Hier
könnt ihr - wie üblich - gegen eingetragene Freunde, Gegner aus Europa oder der
ganzen Welt in 1vs.1-Duellen antreten. Das Ganze funktioniert wie der
Zweispielermodus offline und sorgt für einigen Langzeitspaß. Gegner findet das
Spiel recht zügig und das inzwischen etablierte 5000-Punkte-System (bei einem
Sieg kommen Punkte relativ zur Stärke des Gegners hinzu, bei der Niederlage
werden sie abgezogen) ist ebenfalls dabei und sorgt zusammen mit den Ranglisten
für Langzeitmotivation. Nett ist auch, dass Nintendo einige vorgefertigte
Sprachschnipsel („Hallo!“, „Tolles Spiel!“ usw.) eingebaut hat, über die man
zumindest ansatzweise „kommunizieren“ kann.
Technisch reißt Dr. Mario erwartungsgemäß keine Bäume aus, kommt aber
grundsolide daher. Die Farben sind kräftig und die Übersicht ist stets gegeben.
Wahlweise begleitet euch übrigens Mario höchstselbst oder euer Mii steht euch
zur Seite. Die Musik bietet altbekannte Melodien, die sich leider recht schnell
wiederholen und auch nicht zahlreich vorhanden sind (nur 4 unterschiedliche
Melodien). Da empfiehlt sich die Option des Ausstellens derselben. Übrigens kann
man nach dem Download von Dr. Mario eine kostenlose Demo an seine Freunde
schicken. Damit sind sogar zeitlich unbegrenzt Online-Duelle bereits möglich.
Fazit:
Dr. Mario bietet auf WiiWare genau das, was man von ihm erwartet. Was es macht,
macht es grundsolide und spaßbringend, aber es macht eben auch keinen
Fingerbreit mehr als es muss. Die Beilage „Bazillenjagd“ ist nett, aber auf dem
NDS dank Stylus-Kontrolle deutlich besser aufgehoben, und die drei Modi sind
ebenso nett, aber letztlich auch durch dasselbe Spielprinzip Augenwischerei.
Genial jedoch ist das vertrackte Spielprinzip, das dem Spieler einiges
abverlangt und die Knobelfreunde unter euch per se ewig lange beschäftigen kann.
Da stört es dann auch wenig, dass Einzelspielern nicht mehr als bloße
Highscore-Listen geboten werden. Ein gutes Pferd springt nicht höher als muss.
Das Spiel betrachtet sich als Selbstzweck. Tetris Party ist umfangreicher und
ideenvoller, dennoch motiviert auch hier der Wettkampf gegen einen Freund oder
online gegen die ganze Welt für eine lange Zeit.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ zeitloses und intelligentes Spielprinzip
+ komplexer als viele andere Puzzler
+ Suchtgefahr
+ guter Online-Modus
+ 4-Spieler-Koop.-Gameplay bei Bazillenjagd
+ Demo an Freunde verschicken
+ übersichtliche, grafische Darstellung
Minuspunkte:
- kein Versus-4-Spieler-Modus
- nur die wesentlichen Modi
- quäkende Musik
- Bazillenjagd allein eher blass/ kein Online
WERTUNG
Einzelspieler: 7,5
Mehrspieler: 8,0
Online: 8,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
1000 Nintendo Punkte
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(31.08.2009)