Auch wenn sich die Veröffentlichungspolitik vor allem der japanischen
Konsolenhersteller gegenüber Europa in den letzten Jahren allgemein verbessert
hat, so bleibt doch auch heute noch das ein oder andere Spiel auf der Strecke.
Bei ExciteBots trifft das sogar im wahrsten Sinne des Wortes zu: Die Fortsetzung
des Wii-Launch-Titels ExciteTrucks verkaufte sich in den USA nur schleppend und
wird deswegen wohl niemals den Weg in deutsche Wiis finden. Quasi als Ausgleich
dürfen sich aber geneigte WiiWare-Nutzer dem Remake des Original-NES-ExciteBike
widmen, welches es überraschend schnell auch in den PAL-Shop geschafft hat.
Bei ExciteBike –World Rally handelt es sich zwar im weitgefassten Sinne um ein
Rennspiel, da sich das Remake aber natürlich stark am Original orientiert,
dürfen moderne Spieler nicht mehr erwarten als das, was man 1984 unter einem
Rennspiel verstand. So ähnelt das Gameplay dann auch mehr modernen
Geschicklichkeitstiteln: Ihr nehmt Platz auf einem Motorrad und fahrt streng
immer nur in zweidimensionaler Linie von links nach rechts. Lenken könnt ihr nur
insofern, als dass euch vier Spuren zur Verfügung gestellt werden, zwischen
denen ihr mithilfe des Steuerkreuzes wechseln könnt und müsst, da sich euch in
regelmäßigen Abständen neben Schanzen und Hügeln auch bremsende Schlammpfützen
oder kleine Mauern in den Weg stellen. Dieses Kern-Gameplay kann zwar vielleicht
nicht an die Komplexität eines modernen Gran Turismo 5 heranreichen, überrascht
aber auch im Jahr 2010 noch mit einer relativen Anspruchsfülle. So musstet ihr
auch schon im Original wie bei den Nachfolgern für N64 und Wii den Turbo
geschickt nutzen, ohne ihn zu überhitzen. Eine Tacho-ähnliche Leiste gibt euch
Aufschluss darüber, wie lange euer Bike den zusätzlichen Schub noch verkraftet.
Um euer Gefährt abzukühlen, wartet ihr entweder schlicht oder ihr prescht über
Pfeile, die eigentlich mehr an Beschleunigungspfeile erinnern, dies aber de
facto nicht sind. Eine weitere Möglichkeit den eigenen Motor abzukühlen, besteht
darin, einen der Gegner von der Piste zu drängen. Rempelt einfach, während ihr
dem Publikum einen Wheelie zeigt, das Hinterteil des Konkurrenten an und ihr
dürft länger auf die Turbo-Düse drücken. Überhaupt stellen die Fahrten auf dem
Hinterrad, ausgelöst durch einen Links-Druck auf dem Steuerkreuz, ein
unrealistisch omnipotentes Hilfsmittel dar. Ihr habt keine Lust, die Mauer zu
umfahren? Kein Problem: einfach per Wheelie drüber hinweg sausen. Ein Gegner
versperrt eure Fahrspur? Brettert einfach mit einem Rad über ihn weg. Sein
Rücken wird’s ihm danken. Außerdem solltet ihr die zahlreichen Hügel nutzen, um
per Wheelie von ihnen abzuspringen, sodass ihr bei korrekter Landung
(Parallelität von Motorrad und Landefläche) einen kostenlosen Mini-Boost
erhaltet. Ihr merkt, es gibt vieles, worauf geachtet werden muss. Damit es
gegenüber dem Original noch ein wenig spannender wird, haben die Entwickler von
Monster Games noch einen kleinen Anachronismus mit eingebaut: So tauchen die aus
ExciteTruck bekannten Geo-Morphing-Items plötzlich auch in diesem Remake auf und
bewirken, dass nach ihrem Überfahren plötzlich Hügel und Rampen entstehen, die
in der Regel eine fiese Passage stark entschärfen.
So komplex das vor einem Vierteljahrhundert entstandene Gameplay zu seiner Zeit
auch gewesen sein mag, man muss aus moderner Sicht doch eingestehen, dass es
trotz der überraschend vielen Möglichkeiten im Grunde zu repetitiv ist. Das
Gefühl der ständigen Wiederholung rührt vor allem aus der begrenzten Anzahl der
Streckenelemente her. Wenn ihr euch später in den Streckeneditor wagt, werdet
ihr mehr oder weniger bestürzt feststellen, mit wie wenig verschiedenen
Möglichkeiten der Streckengestaltung ihr auskommen müsst. Viel mehr als Hügel,
Pfützen und Mauern war eben damals nicht möglich. Ansonsten wurde die
Editor-Funktion übrigens durchaus löblich umgesetzt. Nintendo-untypisch hat man
sogar an ein Tauschen der erstellen Strecken über die WiFi-Connection gedacht.
Leider funktioniert das nur unter Freunden, es gibt keinen öffentlichen Basar
wie etwa bei Mario vs. Donkey Kong für DSiWare, auf dem ihr euch die besten
Strecken herunterladen dürft.
Zugegebenerweise haben die Entwickler den vorhandenen Spielelementen aber alles
abgerungen. Die insgesamt 16 Strecken, die sich Serien-typisch auf 4 Cups
verteilen, spielen sich zwar im Kern alle gleich und besitzen wenig
individuellen Charme oder Wiedererkennungswert, sind aber durchaus intelligent
designt. Besonders wenn man die Ideallinie des Kurses entdeckt hat, fliegt man
gleichsam von einer Rampe zur nächstes und überspringt mit graziler Haltung
bremsende Mini-Hügel. Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich einige der Kurse
zunächst absolut „unrund“ anfühlen, sofern man jene Ideallinie eben nicht kennt.
Zwar ist der Schwierigkeitsgrad allgemein nicht sonderlich hoch, aber gerade für
die begehrten S-Ränge müssen Zeiten auf den Schlamm gelegt werden, die bei
Unkenntnis der Kurse nur Kopfschütteln hervorrufen. Tatsächlich führt ständiges
Wiederholen, Ausprobieren und Auswendiglernen hier aber immer zum Erfolg. Und
kennt man erst die Strecke, sprintet euer Bike wie ein junger Gott über die
Bahn, ungebremst und unbesiegt.
Einen Strich durch die Rechnung können euch dann nur noch die lästigen
CPU-Fahrer machen. Theoretisch fahrt ihr gegen drei Gegner, die ihr aber stets
bald nach dem Start abgehängt habt. Auf eine Platzierungsangabe haben die
Entwickler auch gleich ganz verzichtet. Bei ExciteBike geht es einzig um die
erfahrenen Zeiten. Wenn man so will, besteht das Spiel nur aus einem großen Time
Trial-Modus. Die Gegner fungieren eher als zufällige – und ziemlich nervige –
Störmaschinerie. Dabei bleibt es nicht bei den drei farbigen Gegnern, die
zusammen mit euch starten. In scheinbar wahlloser Folge überholt ihr allerlei
graue Einheitsrennfahrer, die oft unberechenbar ihre Spur wechseln. Wenn ihr
glaubt, dass Mauern nervig sind, dann werden euch diese Burschen in den Wahnsinn
treiben. Jedes Mal, wenn ihr ohne einen Wheelie auf das Hinterrad des anderen
auffahrt, baut ihr einen Unfall und dürft wie wild die Wiimote schütteln, um
möglichst schnell wieder auf die Strecke gesetzt zu werden. Ach ja, unnötig zu
erwähnen, dass Unfälle der Feind jedes S-Ranges sind, oder? Da die für einen
S-Rang nötigen Zeiten aber auch angezeigt werden (nachdem ihr die Strecke
mindestens mit dem B-Rang abgeschlossen habt), werdet ihr es ein weiteres Mal
versuchen, nur um am Ende die Genugtuung gegenüber den KI-Schwachköpfen zu
genießen.
Sehr viel anderes treibt euch jedenfalls nicht dazu, die S-Ränge zu erspielen.
Zwar warten weitere Farben für euer Motorrad auf euch, aber das war es auch
schon. Freispielbare Strecken gibt es nicht und ihr bleibt eurem Standard-Bike
auf ewig treu. Das ist etwas schade, da die Spielzeit darunter leidet. Die 16
Kurse á höchstens zwei Minuten halten euch kaum mehr als anderthalb Stunden auf
Trapp, wenn ihr alle S-Ränge erfahren wollt. Zum Glück haben die Entwickler an
einen Online-Modus gedacht, wenn man schon den naheliegenden Splitscreen-Modus
weggelassen hat. Online tretet ihr gegen bis zu drei Gegner an, von denen sich
erfreulich viele in der Welt da draußen tummeln. Bei meinen Tests gab es
jedenfalls keinerlei Probleme, zwei oder drei Gegner zu finden. Der Performance
ist dabei äußerst gelungen und Ruckler entsprechend quasi nicht vorhanden. Die
Bedienung ist simpel: Ihr müsst nur entscheiden, ob ihr gegen die Welt antreten
wollt oder nur gegen Freunde. Der Rest ist aus Mario Kart Wii bekannt. Leider
hat man sich nicht an dessen Punkte-System orientiert. Bei ExciteBike werden
schlicht am Ende einer Runde ein bis vier Punkte verteilt und diese summieren
sich nach und nach. Langspieler freuen sich ab 500 Punkten über geheime Farben,
ärgern sich aber darüber, dass dieses System die Spreu nur schwerlich vom Weizen
trennt. Wer häufig genug fährt, sammelt trotz vielleicht miserabler Leistungen
dennoch seine Punkte.
Bei der Grafik haben die Entwickler einfach im eigenen Gewässer gefischt.
Insgesamt haben es fünf Umgebungen ins Spiel geschafft, die Rennspielfreunden
aus ExciteTruck zum großen Teil bekannt vorkommen dürften. Mit dabei sind
beispielsweise Mexiko, China oder die Fidschi-Inseln. Die nagelneuen Texturen
entstammen dann auch direkt dem Truck-Rennspiel, zumindest sehen sie danach aus.
Besonders das nette Wasser erinnert frappierend an den Wii-Launchtitel. Damit
ist ExciteBike zwar ganz ansehnlich, versprüht aber durch die archaische
Kameraperspekive immer noch genügend Retrocharme. Gefällt euch die
bewegungssensitive Steuerung allerdings besser, präsentiert sich das Spiel etwas
zweckdienlicher. Anstatt in üblicher 2D-Manier die vier Spuren aus der Front in
den Blick zu nehmen, schwenkt die Kamera halb hinter die Fahrer, sodass ein
größerer Teil der vor euch liegenden Strecke sichtbar wird. Allerdings steuert
ihr die Balance eures Bikes fortan in der Luft nicht mehr mit dem Steuerkreuz,
sondern „live“ durch Senken und Heben eurer Wiimote. Das funktioniert zwar nach
ein wenig Eingewöhnung ganz gut und die bessere Perspektive trägt zum Erfolg
bei, aber die klassische Variante schien mir in den vielen hektischen Momenten
des Spiels doch die bessere zu sein. Schade, dass man klassische Tastensteuerung
und neue Perspektive nicht zusammen erproben kann.
Fazit:
Mirabile dictu: Dafür, dass inzwischen über ein Vierteljahrhundert vergangen
ist, seitdem dieser Titel auf dem NES das noch wenig kolorierte Licht der Welt
erblickte, hat sich das Gameplay von ExciteBike erstaunlich jung gehalten.
Obwohl es heute mehr an ein Geschicklichkeitsspiel denn an ein echtes Rennspiel
erinnert, bietet es doch phasenweise eindrucksvoll anspruchsvolle Action. Die
Entwickler von Monster Games haben dabei einen guten Job gemacht und die Waage
zwischen zarter Modernisierung und akkurater Umsetzung des Originals
ausgeglichen gehalten. So freuen wir uns über das Auftauchen der liebgewonnen
Geo-Morphing-Items, (optional) die neue Perspektive in Kombination mit der
bewegungssensitiven Steuerung und über den Online-Modus. Fans des Originals
werden dagegen das urige Gameplay begrüßen, welches dann allerdings genauer
betrachtet doch unter der Zeit gelitten hat und als zu repetitiv und zum Teil
frustrierend entlarvt werden kann. Fans und Liebhaber dürfen unbesorgt
zugreifen, aber geringer Umfang und eigenwilliges Gameplay mögen den einen oder
anderen modernen Spieler abschrecken.
(Hendrik)
Pluspunkte:
+ z.T. anspruchsvolles Wheelie-Gameplay
+ Geo-Morphing
+ tadellose Steuerung
+ Streckeneditor…
+ Motivation für S-Ränge
+ technisch gelungen umgesetzt
Minuspunkte:
- wenig Abwechslung auf den Strecken
- oft nötig, die Hindernisse auswendig zu lernen
- CPU-Gegner lediglich unberechenbare Störmasse
- …ohne Online-Tauschbasar/ nur an Freunde
- kein lokaler Mehrspielermodus
- geringer Umfang (nur 16 Strecken)
- keine freispielbaren Inhalte
WERTUNG
Einzelspieler: 7,0
Online: 7,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis:
1000 Nintendo Punkte
news@mag64.de
(17.02.2010)