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Donkey Kong Country (Virtual Console | SNES)
Dark Souls, Demon Souls…immer wieder hört man in letzter Zeit die Fachjournale entzückt und angewidert zugleich aufseufzen, wenn diese Namen fallen. Da sei endlich wieder das gute alte Videospielfeeling. Dieser harte Kampf gegen fiese Monster, dieses Alles-oder-Nichts-Gefühl, die Verzweiflung und die Wut gegen das Spiel und gegen sich selbst und seine Unfähigkeit. Angestachelt von dem subtil vermittelten Paradigma, dass man kein echter Zocker sei, wenn man Spiele Dark Soul’scher Mechanik nicht beherrsche, wagte ich nun vor kurzem den lange verweigerten Schritt zu den guten alten Zeiten des Super Nintendos. Wenn schon alle davon reden, dass Dark Souls den Geist der späten 80er und frühen 90er atmet, dachte ich mir: Warum nicht gleich in diese Epoche einsteigen und das Original spielen anstatt moderner Kopien? Ein Selbstversuch mit Folgen.

All die verwegenen Donkey Kong-Jünger seien vorweg gewarnt: Auch wenn mir das SNES nicht unbekannt ist, habe ich anno 1994 (und auch die Jahre danach) keinen Teil der "Donkey Kong Country"-Reihe angefasst. Ich war eines jener schlichten Gemüter, die sich mit "Super Mario World" und "Yoshi’s Island" abrackerten, im festen Glauben, damit bereits eine großartige Leistung vollbracht zu haben. Wie dem auch sei… Ich landete jüngst also jungfräulich bei "Donkey Kong Country", von dem ich kaum mehr wusste, als dass ich eben den Wii-Nachfolger der Retro Studios (durch)gespielt hatte und dass er vom legendären Entwicklerstudio Rare entwickelt worden war. Auf den ersten Blick entpuppte es sich als ganz normales Jump 'n‘ Run der Marke Mario. So wie "Banjo Kazooie" ein paar Jahre später schamlos von "Super Mario 64" abgekupfert hat, so bediente sich "Donkey Kong Country" in vielerlei Hinsicht an "Super Mario World". Jedoch würzte Rare das Spiel dezent anders. Was im direkten Vergleich recht schnell auffällt, ist die deutlich präzisere Steuerung des Affen gegenüber dem Klempner. Wo Mario serientypisch ein wenig schliddert, bewegt man Donkey Kong und seinen Partner Diddy Kong von Beginn an mit traumwandlerischer Sicherheit. Nahezu jeder Sprung sitzt perfekt, selbst die Kontrolle in der Luft ist stets vorbildlich, zumal die Kollisionsabfrage dem Spieler gegenüber recht gnädig gestimmt ist, wodurch auch der ein oder andere Gegner das Zeitliche segnet, der es eigentlich gar nicht verdient hätte. Da insgesamt eh nur zwei Buttons ernsthaft belegt sind (Springen und Spurten), gestaltet sich die Steuerung als absolut einsteigerfreundlich und gelungen.

Es ist also nicht die Steuerung, die mir ein ums andere Mal die Zornesröte ins Gesicht getrieben hat. Ebenso wenig ist es die technische Ausstattung des Super-Nintendo-Hits von 1994. Vor zwölf Jahren müssen die vorgerenderten Hintergründe tatsächlich für offene Münder gesorgt haben. Mario schwamm bei seinem SNES-Debüt noch durch einfarbig blaue Seen, Donkey Kong dagegen paddelte durch richtige Unterwasserwelten mit für damalige Verhältnisse sensationellen Effekten. Natürlich leidet das optische Feuerwerk ein wenig unter den großen, modernen LCD/LED-Fernsehern, doch mit ein wenig Fantasie kann man sich auch heute noch vorstellen, welche Wirkung diese Grafik damals erzielt haben muss. Meisterhaft beherrschte Rare die Konsole und verzückt den Spieler ständig mit optischen Überraschungen wie plötzlichen Sonnenuntergängen, heftigen Schneestürmen und hin und her schwankenden Lichtquellen. Zugegeben, die schiere Anzahl an unterschiedlichen Settings ist nicht sonderlich groß und die Höhlenlandschaft in der Eiswelt gleicht beispielsweise der Untergrundumgebung aus den Minen wie ein eineiiger Zwilling, doch sei’s drum. Störend ist das nie. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang auch die grandiose Musik nicht. Das musikalische Hauptthema der Reihe hat inzwischen ja zu Recht Kultstatus erreicht, aber auch die restlichen Melodien sind so eindringlich, melodisch und wunderschön, dass man den Soundtrack bis heute trotz teils beschränkter technischer Voraussetzungen als grandios bezeichnen kann. Besonders im Hinblick auf die modernen Allerlei-Bombast-Orchesteraufnahmen, die mehr durch die schiere Masse der Instrumente als durch eingängige Melodien punkten wollen, ist das eine wunderbare Überraschung. Nein, auch die Technik ist bis heute über jeden echten Zweifel erhaben.

Steuerung: Check; Grafik: Check; Musik: Check. Und vom genialen britischen Humor brauchen wir gar nicht erst zu reden. Was treibt "Donkey Kong Country" nun aber an diesen Scheideweg zwischen Fluch und Segen? Ganz eindeutig ist es das nur mittelmäßige Leveldesign mit seinem enorm hohen Unfairness- und Try-and-Error-Faktor. Denn während sich die reinen Jump 'n‘ Run-Passagen wie aus dem Ei gepellt spielen (u.a. dank der herausragend präzisen Steuerung) und insgesamt wenig Überraschendes bieten, tauchen da immer wieder Fässer- oder Lorenabschnitte auf, die mir je nach Interpretation die Schames- oder Zornesröte ins Gesicht trieben. Scham, weil ich immer dachte: Das kann doch wohl nicht wahr sein, du lässt dich hier jetzt nicht von diesem Spiel verarschen! Zorn, weil es einfach manchmal den Bogen überspannte. So wie man Rare auch später noch kannte, wussten die Entwickler bisweilen einfach nicht, wann Schluss sein muss. Es ist schon schwierig genug, das perfekte Timing bei einem Schuss aus einem im 180°-Winkel rotierenden Fass zu finden. Ich verstehe, wenn man dann in der zweiten Stufe noch um die Fässer herumschwirrende Bienen zur Ablenkung und Schwierigkeit hinzufügt und meinetwegen darf es dann in der dritten Stufe auch noch anfangen zu schneien, was den Blick auf das Geschehen massiv trübt. Aber spätestens dann sollte doch irgendwie das rettende Ende oder zumindest ein Speicherpunkt kommen. Aber nein, Rare hält es auch dann noch für nötig, die Fässer schneller und um 360° rotieren zu lassen. Und sie dann auch noch horizontal zu bewegen. Erst nur das eigene Fass, dann auch noch das Ziel. Toll? Eher tollwütig!

Und dann gibt es da das Problem, dass die Entwickler allgemein ungemein knausrig mit den Leben waren. Während man bei Mario auf der Wii und selbst beim modernen Donkey Kong alle naselang mit 1UP-Pilzen bzw. Ballons zugeschmissen wird, musste man sich die damals hart erkämpfen. Wenn man alle K-O-N-G- Buchstaben in einem Level findet (es ist nicht erwähnenswert, dass das das Level nochmal schwieriger macht), bekommt immerhin…einen Ballon, das heißt ein Leben. Da man allerdings durchaus zwischendurch mal so 45 bis 67 Versuche braucht, um eine besonders knifflige und lange Stelle auswendig zu lernen, bedeutet das, dass man regelmäßig Game Over geht. „Wat?“ fragen sich einige jüngere Spieler vielleicht jetzt, aber richtig gehört, das schöne altertümliche Bezeichnung für das Ende von einem Spiel. Ende wie Ende. Wenn man keine Leben mehr hat. Wenn es sowas heute noch gibt, dann hat das meistens keine Auswirkungen mehr. Man startet einfach wieder dort, wo man gestorben ist. In den guten alten Zeiten aber, sprich bei "Donkey Kong Country", startet man wieder beim letzten Speicherpunkt. Da es davon aber pro Welt nur einen gibt (meistens erst kurz vor dem Endgegner), müssen da hin und wieder schon mal ein paar Levels wiederholt werden. Spätestens hier zeigt sich dann all die Altertümlichkeit und Unbequemlichkeit, die die 90er Jahre geprägt hat. Denn anstatt einfach per Menü zwischen den Welten wechseln zu dürfen (um z.B. beim Speicherpunkt einer bereits absolvierten Welt zu speichern), muss man hier erst einmal Funky Kong in der Welt „finden“, um in sein Flugzeug zu steigen und die Welt zu wechseln. Einfache Konsequenz: Beginnt man eine neue Welt muss man mit einem Satz Leben (fünf an der Zahl) mindestens bis Funky Kong weiterspielen, um abspeichern zu können. Meistens sind das so drei bis vier Levels. Wenn man sich also gerade gefreut hat, mit dem letzten Leben das erste enorm schwierige Level geschafft zu haben, fetzt einem das Spiel gleich im Level drauf einfach mal alle Eingeweide heraus, da womöglich schon der erste Gegner den Tod und damit das Game Over bedeutet. Auf jeden Fall eine schmerzliche Erfahrung.

Fazit:
Ich hoffe, man merkt dem Test seine Hin- und Hergerissenheit an. Wie eine hilflose Nussschale auf dem Meer zwischen den Wellen hin und her geworfen wird, schwanke ich zwischen Bewunderung für die tolle Musik, den genialen „Flow“ der Levels und dem Glücksgefühl, die das Erledigen eben dieser auslöst, und der unbändigen Wut auf die Unfairness einzelner Passagen und dem unbequemen Speichersystem. Aus heutiger Sicht ist der Titel reichlich altbacken mit seinen insgesamt nur mäßig spannend inszenierten Jump 'n‘ Run-Passagen und der wenig intelligenten Einbindung der zahlreichen tierischen Helfer. Trotzdem versprühen Donkey und Diddy Kong einen gewissen Charme und irgendwie gelang Rare doch der Spagat zwischen „unschaffbar schwierig“ und „einen Versuch noch“. Ich jedenfalls bin dran geblieben und bin mit einem der besten (Videospiel)-Gefühle der letzten Zeit belohnt worden, als ich endlich King K. Rool besiegt hatte. Derartige Befriedigung erzeugen moderne Titel leider nicht mehr. Auch wenn auf der Uhr am Ende lediglich 2,5 Stunden standen…die Gesamtspielzeit war durch die zahlreichen Tode sehr viel höher. Und ich habe kaum ein Geheimnis entdeckt. Auch so eine Stärke der alten Rare-Titel. Das Absolvieren der Standardlevels ist eine Sache, das Auffinden aller Geheimräume eine ganze andere. (Hendrik)

Zweite Meinung:
„Donkey Kong Country“ ist einer der zahlreichen Nintendo-Klassiker, die nahezu jedem Spieler sofort in den Sinn kommen dürfte, sobald das Stichwort „SNES” fällt. Dies ist nicht völlig unberechtigt, doch setzt man einmal seine rosarote Nostalgie-Brille ab, dann bleibt heutzutage lediglich ein gutes, aber zugleich unglaublich frustreiches Side-Scrolling-Jump'n'Run übrig. Während sich mein Kollege Hendrik besonders an den Fässer-Abschnitten die Zähne ausbiss, waren es bei mir die seit jeher berühmt-berüchtigten Loren-Level, die mich permanent an den Rand des Wahnsinns getrieben haben. Dieser Umstand sollte niemanden dazu veranlassen, dieses ansonsten sehr unterhaltsame Meisterwerk zu kaufen, aber man sollte vor dem ersten Anspielen definitiv wissen, worauf man sich einlässt. (Alexander)

Pluspunkte:
+ äußerst präzise Steuerung
+ sehr feine Musikuntermalung
+ damals (wie heute) technisch beeindruckend
+ viele Geheimnisse
+ abwechslungsreiche Levels
+ 2-Spielermodus

Minuspunkte:
- Jump n‘ Run-Passagen wenig originell
- geht (zu) oft an die Frustgrenze
- Auswendiglernen manchmal nötig
- Speichersystem altbacken und unbequem
- inspirationslose Endgegner

Wertung:
Einzelspieler: 8,0
Mehrspieler: 8,0

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 800 Nintendo Punkte

news@mag64.de (22.07.2012)

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