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Stunt Cars (WiiWare)
Eine Zeitlang war es geradezu hip, Miniaturautos in Videospielen umzusetzen. Die Micro Machines düsen bereits seit einer gefühlten Ewigkeit über heimische Billard- oder Küchentische, aber besonders in der N64-Ära wussten auch ähnlich gelagerte Titel wie Re-Volt zu überzeugen. Inzwischen ist das Interesse an den kleinen PS-Wundern etwas zurückgegangen und doch versuchen die Entwickler nun mit Stunt Cars einen Neuanfang auf WiiWare. Den Charme der Vorlagen kann diese Umsetzung aber nicht einfangen.

Das mag unter anderem daran liegen, dass ihr zwar mit Gefährten, die wie ferngesteuerte Autos aussehen, antretet, die Umgebung aber im Stile „erwachsener“ Rennspielkollegen gehalten ist. Auf den 24 insgesamt enthaltenen Strecken düst ihr stets über eine etwas erhöhte Straße, die euch mit quasi nicht vorhandenen Begrenzungen in den Wahnsinn treiben wird. Modi und Optionsvielfalt sind dabei normaler Standard. Tretet gegen bis zu drei Gegner auf beliebigen Kursen an, fahrt gegen die Uhr oder wagt euch in den Championship-Modus, in dem ihr Mario Kart-ähnlich vier Cups mit jeweils 6 Strecken möglichst als erster beenden sollt. Das alles hält sich von „Wahnsinn“ noch angenehm fern. Allerdings entpuppen sich bereits die Steuerungsoptionen als Wolf im Schafspelz: Ihr dürft zwischen Wiimote+Nunchuk, quergehaltener Wiimote mit Tasten und Wiimote mit Bewegungserkennung auswählen. Allen Varianten gemein ist ein grauenhaft ruckartiges Lenkverhalten, welches sauberes Spielen praktisch unmöglich macht. Selbst wenn ihr die theoretisch präzise Stick-Steuerung ausgewählt habt, beschleicht euch das Gefühl, dass eure Wagen entweder ganz oder gar nicht reagieren. Wo man in anderen Rennspielen geschmeidig um die Kurven saust und auch an langgezogenen Passagen unheimlichen Spaß hat, regiert hier oftmals der pure Frust; obwohl man die angesprochenen langgezogenen Kurven sowieso nicht finden wird. Ob aus Gnade der Entwickler oder wegen mangelnder Kompetenz muss an dieser Stelle ungeklärt bleiben. Die recht hohe Anzahl von 24 Strecken wird erkauft mit lediglich zwei Umgebungen (Sand/ Gras) und einem 90°-Kurven-Strecken-Design, welches zu gleichen Teilen zu lang, abwechslungsarm und langweilig ist. Die Bodenbeschaffenheit ändert sich nie und das Interessanteste auf der Strecke sind bisweilen abgestellte LKW, die umfahren werden wollen. Zudem haben sich einige Schanzen auf die Strecken verirrt, die dem Spiel wohl seinen Namen geben sollen. Tatsächlich spielen Stunts aber überhaupt keine Rolle und das einzige, was entfernt an den Titel erinnert, ist die Zählung, wie lange die kleinen Flitzer bei einem Sprung in der Luft bleiben. Konsequent (gruselig) ist es dann auch, dass dieses Spielelement dadurch ad absurdum geführt wird, dass man vor manchen Schanzen bewusst bremsen sollte, da man sonst unweigerlich über die Strecke hinausschießt. Aber die Zeit in der Luft zählen… alles klar, liebe Entwickler, ich bin voll drauf reingefallen. Lustig fand ich’s nicht.

Apropos herunterfallen: Verlassen eure Autos die Rennstrecke, könnt ihr das 4-6 Minuten andauernde Rennen eigentlich bereits vergessen. Denn auf der Strecke stehen verteilt nur wenige Checkpoints, die mehr sind als reine Zeitnehmer: Denn fallt ihr von der Strecke, so startet ihr am letzten passierten Checkpoint. Und sei es, dass ihr die Straße nur wenige Meter vor dem nächsten verlassen habt. Es kommt vor, dass ihr dadurch bis zu einem Drittel der Runde wiederholen müsst. Gepaart mit dem ansonsten unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten eurer KI-Gegner, ergibt sich ein wunderbar wenig motivierendes Erster-Letzter-Gameplay. Fallt ihr null bis einmal von der Strecke, gewinnt ihr, häufigere Stürze führen zum letzten Platz. Spielspaß sieht anders aus.

Da hilft dann auch der Mehrspielermodus wenig, der mit vier Spielern immerhin geteiltes Leid verspricht. Mit speziellen Teamrennen (nur bei vier Spielern) und einem Tournament-Modus (nicht zu verwechseln mit einem echten Kooperationsmodus, den es nicht gibt; hier wird ein Turnier nur unter den menschlichen Fahrern ausgetragen) bietet Stunt Cars sogar ein wenig Abwechslung und theoretisch nette Modi. Vierspieler-Splitscreen-Spiele sind ja so selten geworden, dass man jede Möglichkeit dankend annimmt. Allerdings befeuert dieses Machwerk mit starkem Pixelbrei, fehlenden CPU-Bots und Ruckeleinlagen wohl wieder nur die Öfen der Online-Verfechter und Splitscreen-Nein-Sager. Überhaupt ist Stunt Cars technisch ein zweischneidiges Schwert. Auf den ersten Blick werden dem Spieler einige für WiiWare-Verhältnisse nette Texturen geboten (der Asphalt z.B.), auch die Effekte wie Funkenflug oder Lens-Flare wissen zu gefallen. Darüber hinaus entwickelt das Spiel zwischendurch urplötzlich ein enormes Geschwindigkeitsgefühl, das – käme es manchmal nicht arg plötzlich – sogar so etwas wie Fahrfreude heraufbeschwören könnte. Tatsächlich hilft das aber alles angesichts heftigen Ruckelns nichts. Im 50Hz-Modus kaum zu ertragen, stottert der Motor bei 60Hz zwar etwas weniger, aber vor allem in den Kurven immer noch viel zu stark. Weitestgehend fahrbar bleibt es nur in der Ego-Perspektive, denn dort ruckelt es komischerweise spürbar weniger als in den beiden Außenperspektiven. Dass trotzdem ungewöhnlich lange Ladezeiten anfallen und selbst das Speichern mehr Zeit erfordert, als der ganze Ladevorgang bei Super Mario Galaxy, gehört in die Kategorie „Frechheit“. Und wer sich von Steuerung, Streckendesign und Ruckeln noch nicht hat abschrecken lassen, wird spätestens nach längerem „Genuss“ der 80er-Jahre Piep-Musik schlagartig die Flucht ergreifen. Praktischerweise gibt es pro Umgebung nur einen Song. Summa summarum macht das also zwei. Da kann man sich die viel zu leisen Motorengeräusche gleich sparen, immerhin darf in den Kurven zur Abwechslung billig zusammengeschustertes Reifenquietschen gehört werden.

Fazit:
Die Ära der Mini-Autos wird Stunt Cars nicht wiederbeleben können. Tatsächlich sorgt es eher dafür, dass man lieber nochmal die alten Schinken einwirft, als sich mit diesem Machwerk länger zu beschäftigen. Die wenigen guten Ansatzsätze werden im Keim erstickt und auch der Mehrspielermodus sowie ein recht großer Umfang helfen einfach nicht mehr, wenn Steuerung und Gameplay ruiniert wurden. Spätestens wenn dann teils tolle Effekte mit langen Ladezeiten, heftigem Ruckeln und quäkender Musik erkauft werden, ist das Kind in den Brunnen gefallen. Hier dürfen eigentlich nicht mal mehr die verbissensten Rennspielfanatiker zugreifen, auch nicht, um es als klassisches Beispiel für Fehler im Rennspieldesign heranzuziehen; diese Rolle steht SPOGS Racing dann doch noch besser. Ein zweifelhaftes Lob für Stunt Cars. (Hendrik)

Pluspunkte:
+ bisweilen nette Grafik/ Effekte
+ 24 Strecken…
+ Vierspielermodus mit netten Regeln

Minuspunkte:
- Steuerung ruckartig und verspätet
- …in nur zwei Umgebungen
- teils heftiges Ruckeln (in 50Hz unspielbar)
- lange Ladezeiten
- anstrengende 80er-Jahre Piepmusik
- Checkpoints als Rücksetzpunkte
- ödes Streckendesign

WERTUNG
Einzelspieler: 1,0
Mehrspieler: 1,5

Screenshot 1

Screenshot 2

Preis: 800 Nintendo Punkte

news@mag64.de (17.03.2010)

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